Gespinste des Eichen-Prozessionsspinners an Monheimer Bäumen gefunden

Das Landesforstamt warnt insbesondere Allergiker vor unvorsichtigen Waldbesuchen – Stadt und Waldbesitzer bekämpfen die Raupenplage

Eichenprozessionsspinner befallen tatsächlich ausschließlich Eichen. An anderen Bäumen sind sie nicht zu finden. Foto: Thomas Spekowius

Ein bereits vom Baum abgesaugtes Nestgespinnst auf der Alfred-Nobel-Straße. Foto: Thomas Spekowius

Die Absaugung erfolgt mittels Spezialgeräten. Anschließend wird abgeflämmt, um auch die letzten Härchen zu erwischen. Foto: Thomas Spekowius

An diesen Stellen im Monheimer Stadtgebiet ist der Eichenprozessionsspinner in den letzten beiden Wochen bereits entdeckt worden. Auch in Leverkusen ist er bereits verstärkt aufgetaucht. Grafik: Stadt Monheim am Rhein

Für viele Schmetterlinge sind die Blätter unserer heimischen Eichen eine Leib- und Magenspeise. Leider gehört auch der Eichen-Prozessionsspinner dazu, eine braune, eher unscheinbare Schmetterlingsart, die eigentlich in südlichere Gefilden heimisch ist, mit dem fortschreitenden Klimawandel aber offenbar zunehmend auch an unserer Region Gefallen findet.

Im beginnenden Sommer krabbeln die behaarten Raupen dieses Schmetterlings in regelrechten Marschkolonnen in die Eichen, um zu fressen und anschließend am Stamm oder bis in die Krone hinein Gespinstnester anzulegen, in denen sie sich gemeinsam verpuppen. Der Marsch der Raupen erinnert dabei an eine Prozession. Daher rührt der etwas seltsame Name. Nur in wenigen Fällen schadet der Prozessionsspinner befallenen Eichen nachhaltig. „Bedeutender ist die Gefahr hingegen für den Menschen“, erläutert Karl Zimmermann, als Förster für den NRW-Landesbetrieb Wald und Holz auch für den Knipprather Wald zuständig. „Denn die kleinen Nesselhärchen, die die Raupen absondern, können beim Menschen, wenn sie auf die Haut gelangen oder eingeatmet werden, allergische Reaktionen hervorrufen.“ Dabei liegt die Betonung ausdrücklich auf Können. Denn wie bei Allergien üblich, reagieren Menschen sehr unterschiedlich und bei geringer Belastung auch oft gar nicht. Das NRW-Landesministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz informiert: „Die schon vom ersten Larvenstadium an stark behaarten Raupen bilden nach der zweiten Häutung besondere Haare aus, an denen sich kleine Widerhaken befinden, die das Nesselgift Thaumetoporin enthalten. Eigentlich sollen die Härchen die Raupen gegen Fressfeinde schützen. Kommt man mit diesen Haaren in Berührung, kann es bereits nach wenigen Stunden zu allergischen Reaktionen kommen. Zu den Symptomen gehören lokale Hautausschläge in Form von punktuellen Rötungen, leichten Schwellungen, starkem Juckreiz und Brennen.“ In schwereren Fällen können sich auch Quaddeln bilden. Bei einem Einatmen der Härchen besteht die Gefahr, dass es zu Atemwegsreizungen kommen kann.

Erzieherinnen des Monheimer Waldkindergartens hatten letzte Woche erste Nester des Eichenprozessionsspinners entdeckt. Förster Karl Zimmermann und Beschäftigte der Stadtverwaltung hatten daraufhin die Wälder gezielt untersucht und weitere Befallsherde festgestellt. Einige wurden von der Stadt und den Waldeigentümern in den letzten Tagen bereits aufwändig beseitigt. Zurzeit stimmen sich die Stadt, das Regionalforstamt und die Waldeigentümer über weitere gezielte Bekämpfungsaktionen ab. „Auch wenn die Raupenhärchen bis zu drei Jahre giftig sind, kann man davon ausgehen, dass die Härchen bei einem Gewitterregen aus der Luft ausgewaschen werden und damit die größte Gefahr vorüber ist“, kann Karl Zimmermann ein gutes Stück beruhigen.

Allgemeine Verhaltensempfehlungen sind schwierig 

Die Stadt steht mit dem Vorstand des Waldkindergartens in Kontakt und hat als Hilfe bereits eine Ausweichfläche angeboten. „Wie es weitergeht, muss am Ende aber der Kindergartenbetreiber entscheiden“, so der Förster. „Die Kinder dürfen die Nester auf keinen Fall berühren und auch nicht im befallenen Wald spielen.“ Der ratsame Abstand sei konkret jedoch nur schwer zu nennen, da die Härchen auch vom Wind verteilt würden.

Eine klare Empfehlung zu Spaziergängen und anderen Besuchen im Wald kann insbesondere für Allergiker nicht ausgesprochen werden. Karl Zimmermann: „Fakt ist: Eine mit absoluter Sicherheit unbelastete Zone im Knipprather Wald kann man in der derzeitigen Phase nicht benennen. Generell kann ich sagen, dass derzeit zumindest das Risiko besteht, beim Spaziergang mit durch die Luft driftenden Härchen in Kontakt zu kommen. Diese Gefahr nimmt ab, je weiterentfernt man sich von Nestern bewegt, und auch nach jedem Regen.“ Rein rechtlich werde der Eichenprozessionsspinner als eine sogenannte „für den Wald typische Gefahr“ eingestuft, erklärt der Förster. Jeder Waldbesucher beträte den Wald ohnehin immer auf eigene Gefahr. Eine Risikoabschätzung müsse daher vor allem individuell erfolgen, insbesondere im Hinblick auf die eigene allergische Empfindlichkeit. Egal ob herabfallende Äste, der Riesenbärenklau (Herkulesstaude) oder eben jetzt der Eichenprozessionsspinner – der Wald sei nun mal nicht in Gänze ohne Risiken für Besucher. Eine Gefahr für den Wald selbst, etwa dass durch den Fraß der Raupen Bäume absterben könnten, bestehe derzeit hingegen nicht. „Aus diesem Grund“, so Zimmermann, „besteht für den Waldbesitzer auch keine Verpflichtung, die Raupen zu entfernen.“

Die Gespräche zwischen der Stadt, dem Waldbesitzer und dem Landesbetrieb Wald und Holz NRW über weitere Bekämpfungsmaßnahmen laufen dennoch. Die Ausbreitung des Befalls ist auf jeden Fall erstaunlich. 2016 wurde im Stadtgebiet lediglich ein einziger Baumbefall in Baumberg am Froschteich Knipprather Busch gemeldet. Nun ist es nicht mehr nur der Knipprather Wald. Auch an der Bleer und Opladener Straße, auf dem Waldfriedhof und an der Alfred-Nobel-Straße wurden an diesem Mittwoch durch städtische Mitarbeiter Gespinste entdeckt und eine umgehende Entfernung eingeleitet. Dies geschieht immer durch fachlich geschultes Personal durch Absammeln, Absaugen und Abflämmen. Auf der Bleer und der Opladener Straße geht es an diesem Samstag und Montag sogar mittels Seil- und Klettertechnik bis ganz hoch in die Bäume hinauf. Gärtnermeister Jan-Philipp Blume vom Team der städtischen Grünflächen-Pfleger: „Wir tun als Stadt alles, was wir können.“ Gänzlich werde man den Eichenprozessionsspinner aber wohl nicht beseitigen können, da gerade größere Waldflächen meist nicht flächendeckend kontrolliert werden könnten. Es könne daher gut sein, dass in Kürze noch mehr Eichen im Stadtgebiet von einem Befall betroffen sind, den es dann zu bekämpfen gelte, auch um eine weitere Verbreitung noch vor der Verpuppung möglichst einzudämmen.

Förster Karl Zimmermann geht weiter gerne in den Wald

Meldungen über Gespinnste im öffentlichen Raum nimmt die Stadt unter der Rufnummer 02173 951-673 sowie per E-Mail an jblume@monheim.de entgegen. Sie werden grundsätzlich entfernt. Jan-Philipp Blume kann zudem auch beraten, wenn der Eichenprozessionsspringer in Privatanlagen auftaucht. Wichtig: Der Eichenprozessionsspringer befällt tatsächlich allein Eichen und das immer nestartig, partiell. Komplett eingesponnene Bäume und Sträucher zeugen meist eher von einem Befall der für den Menschen völlig harmlosen Gespinstmotte, deren aktive Zeit in diesem Jahr allerdings auch schon vorbei ist. Zahlreiche ergänzende Informationen gibt es in einem Informationsblatt des NRW-Landesministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, das es auch <link file:25252 download internal link in current>hier zum Download gibt.

Anlass für übertriebene Angst besteht nach Auffassung der Experten definitiv nicht. Es sind allein die Härchen der Raupen, von denen für Allergiker eine mögliche Gefahr ausgehen kann. Die Gespinste an sich sind eher ungefährlich und wirken, heil am Baum hängend, wie eine Art natürliche Schutzhülle. Gärtnermeister Jan-Philipp Blume: „Ich bleibe jetzt nicht zu Hause, sondern pflege weiterhin die Monheimer Bäume. Baumpflege ist immer ein bestmögliches Vorbeugen vor Eventualitäten. Wir übersehen bei aller Sorgfalt ja auch mal einen toten Ast, ohne das gleich jemand erschlagen wird. Es geht immer um Risikominderung.“ Und auch Förster Karl Zimmermann betont: „Ich gehe weiterhin oft und gerne in den Monheimer Wald – und das nicht nur, weil ich es beruflich muss, sondern weil ich es gerne tue und keine Angst dabei habe.“ Lediglich von einem selbständigen Absammeln der Gespinnste ist definitiv abzuraten, ein ausgedehntes Spielen auf dem Waldboden, gerade in der jetzigen Trockenphase mit viel Wind, eher zu meiden. Jan-Philipp Blume: „Für den Eichenprozessionsspinner hat diesmal offenbar die Witterung perfekt gepasst. Gut möglich, dass wir im nächsten Jahr wieder deutlich weniger oder sogar gar keine Befälle mehr haben.“ Passen würde dafür mal wieder ein richtig kalter Winter, auf den man ja vielleicht gerade an diesen heißen Sommertagen auch mal bei einem schattigen Waldspaziergang hoffen kann. (ts)

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