Der katholische Geistliche Franz Boehm, der 1938 Pfarrer an St. Gereon wurde, starb 1945 im KZ Dachau als Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime. 2019 wurde ihm zu Ehren ein Wettbewerb ausgerichtet, um dem Pfarrer anlässlich seines 140. Geburtstags im Jahr 2020 ein Denkmal zu setzen.
Der Siegerentwurf stammt vom Künstler und Architekten Thomas Kesseler, der an der Düsseldorfer Kunstakademie und der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien bei Erwin Heerich, Hans Hollein und James Stirling studierte. Thomas Kesseler hat in der Vergangenheit bereits zahlreiche Projekte in sakralen Räumen realisiert, wie etwa Glasfenster für die Matthäikirche in Düsseldorf und die Gedenkstätte für Nikolaus Groß im Essener Münster.
Zerstörung sichtbar gemacht
Aufstellungsort für das Denkmal in Monheim am Rhein ist die Fläche nördlich des heutigen Chores von St. Gereon, an Stelle der im Krieg zerstörten Apsis des Vorgängerbaus. Im Zentrum steht eine Stele mit der Bronzebüste, die nach alten fotografischen Vorlagen von Thomas Kesseler neu gestaltet wurde. Hinter der lebensgroßen Büste, die den Charakter des Dargestellten durch ihre aufgerissene Oberfläche schärft, stehen zwei in Metall gefasste Glasscheiben mit einer Höhe von jeweils 4,2 mal 2,25 Metern. Mit Hilfe der Siebdrucktechnik wurden fotografische Motive der alten Kirche auf die Glasscheiben gedruckt. Sie zeigen die Kirche einmal vor und einmal nach ihrer Zerstörung in Folge des vom NS-Regime entfesselten 2. Weltkriegs.
Hinter diesen Motiven liegt eine abstrakte Malerei mit schwarzer Farbe, deren Pinselstriche und Kratzer die Gewalt der Zerstörung veranschaulichen. Aufgrund der ortsspezifischen Lichtverhältnisse sind die Motive von der Rückseite teils klarer zu erkennen, als von vorne. Die Vorderseiten der Gläser reflektieren die Umgebung und binden diese in das Kunstwerk ein – und veranschaulichen, wie Boehm selbst in die Stadt hinein wirkte. Eine niedrige Mauer im Halbrund zeigt die Rekonstruktion vom Verlauf des alten Chors, in dem der Hochaltar stand, vor dem Franz Boehm einst die heilige Messe mit der katholischen Gemeinde feierte. Diese Mauer aus wiederverwendeten alten Backsteinen dient auch als Sitzgelegenheit für Gäste.
Mit seinem Kunstwerk hat Thomas Kesseler einen vielschichtigen Ort des Gedenkens geschaffen, der einen bedeutenden Teil Zeitgeschichte Monheims erfahrbar macht und die Besucherinnen und Besucher in einen Austausch mit Franz Boehm und seinem Wirken und Schicksal treten lässt.
Den Bericht von der Einweihung gibt es hier.
geb. 1956 in Gelsenkirchen, lebt und arbeitet in Bad Hönningen als Architekt, Bildhauer und Maler
1972–1975 Kurse an der Folkwang-Hochschule Essen bei Werner Graef
1975–1981 Studium der Malerei und Bildhauerei an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf, Meisterschüler bei Erwin Heerich
1981–1984 Studium der Architektur an der Hochschule für angewandte Kunst Wien, Meisterklasse Hans Hollein
1986 Abschlussexamen Abteilung Baukunst an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf bei Ernst Kasper und James Stirling
1989 Förderpreis des Landes Nordrhein-Westfalen für junge Künstlerinnen und Künstler, Sparte Architektur
1998–2019 Professur an der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe / Detmolder Schule für Architektur und Innenarchitektur
Einzelausstellungen (Auswahl)
1995 „Thomas Kesseler“, Städtisches Museum Leverkusen Schloss Morsbroich, Leverkusen
2000 „Malerei“, Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr in der Alten Post, Mülheim an der Ruhr
2006 „Farbe und Raum“, Galerie Aedes, Berlin
2012 „unabhängig“, Künstler-Union-Köln, Köln
2012 „Ein Meer von Blau“, Thomas Kesseler Rauminstallation, K.I.C.K., Bochum
2016 „Skulptur – Farbe – Raum“, Ehemaliges Museum am Ostwall, Dortmund
Publikation (Auswahl):
Becker-Kesseler,Ute / Kesseler, Thomas, Räume. Dialog Kunst und Architektur 1981–2001, Berlin/Tübingen 2002, ISBN-10: 3-8030-0623-6
Feireiss, Kristin (Hg.), Thomas Kesseler – Farbe und Raum, Berlin 2006, ISBN-10: 3-937093-71-0
Kesseler, Thomas, Farbkraft, Bönen 2012, ISBN-10: 3-86206-173-0
Kesseler, Thomas, Skulptur, Bönen 2016
Weiterführende Informationen auf www.bau-kunst-kesseler.de.