Peter Alexander hat sie vor Jahren besungen, die „kleine Kneipe in unserer Straße“. Die Gaststätte „Em Höttche“ war so ein gemütlicher Treffpunkt für die Nachbarschaft. Auch für Kinder war die Kapellenstraße 18 lange eine gute Adresse, denn das „Hüttchen“ war zugleich ein Büdchen. Am 3. Oktober 1999 hatte die Gaststätte letztmals geöffnet. Das Gebäude wurde abgerissen, auf dem Gelände entstanden Wohnungen.
Eine bekannte Monheimer Wirtefamilie stand an der Wiege des „Höttche“. Johann Menrath (Jahrgang 1899) beantragte im Januar 1952 bei der damaligen Amtsverwaltung eine Schankerlaubnis. Er wolle, so der gebürtige Monheimer, auf seinem eigenen Grundstück einen vierzig Quadratmeter großen Schankraum errichten. Dieser solle an das seit 1863 bestehende Wohnhaus angebaut werden, in dem bereits sein Großvater um die Jahrhundertwende eine Schankwirtschaft betrieben habe. Mit dem Tod des Großvaters war der Zapfhahn allerdings erst einmal versiegt.
Johann Menrath, der sich Anfang 1952 anschickte, die Familientradition wieder aufzunehmen, war ebenfalls vom Fach. Von 1923 bis 1939 bei der Monheimer Brauerei beschäftigt, war er seit 1948 Kellermeister bei der Schnapsbrennerei Meurer-Hoosemans am Schelmenturm. Darüber hinaus hatte er seit 1927 dem Wirt Robert Speck („Altes Zollhaus“) bei Festen als Kellner ausgeholfen. Versehen mit guten Zeugnissen seiner bisherigen Arbeitgeber machte sich Menrath selbstständig.
Aus der Lage des geplanten Gasthauses erhoffte er sich guten Zuspruch nicht nur von den Anwohnern, sondern auch von den Besuchern des gegenüberliegenden Rheinstadions, den Spaziergängern auf dem Rheindeich und den Passagieren der Rheinfähre „Piwipp“. Sie hätten wiederholt den Wunsch nach einer „Aufenthaltsmöglichkeit“ geäußert, schrieb Menrath in seinem Antrag. Überhaupt sei ihm an der „Hebung des wachsenden Fremdenverkehrs“ gelegen.
Doch genau die Lage des Lokals wurde Menrath zunächst zum Verhängnis. Zwar unterstützte die Monheimer Behörde sein Vorhaben, doch entscheiden musste die Kreisverwaltung. „Ein Alkoholausschank bei einem Sportplatz“, so die Stellungnahme aus Opladen, könne „die sportlichen Ziele, nämlich Erholung und Entspannung; gefährden“.
Das ließ Menrath nicht auf sich sitzen. Er sei „seit mehr als 40 Jahren aktiv am Sportleben der Gemeinde Monheim beteiligt“, als „Vorstandsmitglied und Oberturnwart“ habe er sich stets für den Jugendschutz eingesetzt und sei sich seiner Verantwortung weiterhin bewusst. Außerdem fehle in dem Ortsteil zwischen Drehwan- und Kapellenstraße ganz einfach ein Restaurant. Der Rhein-Wupper-Kreis beugte sich Menraths Argumenten; im Juni 1952 hatte er endlich die „Erlaubnis-Urkunde“ in Händen.
Offenbar hatte Menrath als Kneipier den erhofften Erfolg. 1955 errichtete er eine „Bundes-Doppelkegelbahn“. Dazu erweiterte er den Schankraum und stockte eine Etage auf. Eine Kegelbahn unterm Dach – das dürfte Seltenheitswert haben. Ende der fünfziger Jahre zog sich Menrath aus dem aktiven Berufsleben zurück und verpachtete den Betrieb.
1959 war Herbert Plingen Pächter, im selben Jahr ist auch erstmals der Gaststättenname „Em Höttche“ nachweisbar. 1960 übernahm Maria Plum das Wirtshaus. Die Monheimer Adressbücher nennen in der Folge als weitere Wirte Friedrich Meurer, Günter Wortmann und Horst Gustke. Seit 1991 führten Platon und Gnossi Savvidis die Gaststätte und erwarben sich mit ihrer griechischen Küche einen guten Ruf. Das Ehepaar wechselte 1999 in den „Ratskeller“ an der Krischerstraße, der seither „Taverna Platon“ heißt.
Meldung aus der Rheinischen Post vom 15. Oktober 1959: „Alljährlich macht sich der Gastwirt ,Em Höttche‘ eine Freude daraus, die dickste Kartoffel zu prämiieren, die auf den Fluren des Amtsbezirks Monheim gewachsen ist. Einzureichende Kartoffeln müssen gut verpackt […] bei dem Gastwirt abgegeben sein […]. Dort werden die mit Preisen und einem Ehrenpreis ausgezeichneten Kartoffeln öffentlich ausgestellt.“
Zuletzt geändert am 26. August 2020