Kleinste Kirche im Stadtgebiet ist die dreihundert Jahre alte St.-Josef-Kapelle am ehemaligen Vogtshof. Dass sich der nur wenige Quadratmeter große Sakralraum an der Bleer Straße 43 interessierten Besuchern trotz seines hohen Alters in gutem Zustand präsentiert, ist keineswegs selbstverständlich. Es ist noch gar nicht so lange her, dass das Kirchlein dem Verfall preisgegeben war, obwohl es seit 1983 in der städtischen Denkmalliste steht.
Am 26. September 1996 nahm der Rat einen Antrag der Grünen an, die Kapelle am Vogtshof zu kaufen und umgehend zu sanieren. Wie marode das Gebäude war, zeigte die Einschätzung des damaligen Heimatbund-Vorsitzenden Klaus Peters, es müsse „als unrettbar verloren angesehen werden.“ Da hatte die Kapelle bereits mehrere Winter mit offenem Dach hinter sich.
Wie hatte es soweit kommen können? 1992 hatte eine Firma EKA-Plan aus Essen damit begonnen, den ehemaligen Vogtshof in dreißig Komfort-Eigentumswohnungen „mit dem historischen Flair einer typisch fränkischen Hofanlage“ zu verwandeln (die frühesten Nachrichten über den Vogtshof, älterer Name Bodenhof, stammen allerdings nicht aus fränkischer Zeit, sondern aus dem 16. Jahrhundert).
Pfleglich ging man mit dem historischen Erbe nicht gerade um. Als bei den Bauarbeiten im Mai 1993 der Torbogen zur Hofanlage an der Bleer Straße einfiel, war nicht nur stellvertretender Bürgermeister Karl König erbost. „Erfahrungsgemäß ist jetzt auch nicht auszuschließen, dass der Bagger mal eben an die Kapelle von 1707 stößt“, sagte König als Vorsitzender des Kulturausschusses.
Investor Dr. Manfred B. Bader zeigte jedoch Einsicht. Genau ein Jahr später stand der Torbogen wieder. Die alten Ziegelsteine waren zwar nicht mehr aufzufinden gewesen, doch entsprach der Neubau weitgehend dem vertrauten Bild. Bader kündigte zudem an, polnische Spezialisten mit der Restaurierung der Kapelle zu beauftragen. Bei der guten Absicht blieb es freilich. Im Dezember 1994 war EKA-Plan pleite und die Handwerker, die kein Geld mehr bekamen, stellten die Arbeit ein. Die Kapelle blieb mit Dachschaden weiter sich selbst überlassen.
Und auch der Ratsbeschluss von 1996 brachte noch nicht sofort die Wende. Es vergingen drei Jahre, ehe alle 27 Eigentümer der Wohnanlage ihre Anteile an der Kapelle der Stadt übertragen hatten (einer stellte sich lange quer). Das war 1999 endlich geschafft, die Stadt rief zu einer Spendenaktion für die Josefs-Kapelle auf. Doch als wahrer Segen erwies sich die Gründung des „Fördervereins St. Joseph-Kapelle am Voigtshof“ im Juni 2000. Die rund zwanzig Gründungsmitglieder, darunter viele Handwerksmeister, wählten Emil Drösser zum Vorsitzenden.
Im Jahr darauf begann unter Leitung der Leverkusener Architektin Annegret Schüttler-Maser die sorgfältige Restaurierung der Kapelle. Dafür waren 280.000 Mark veranschlagt, rund 70.000 Mark hatte der Förderverein schon zu Beginn gesammelt. Die dem Verein angehörenden Handwerker leisteten unentgeltlich Arbeitsstunden und stellten Material. Am 12. Mai 2002 war es schließlich soweit: Förderverein und Pfarrgemeinde St. Gereon feierten die Rettung der Kapelle mit einem Hochamt und einer Prozession, an der sich rund fünfhundert Menschen beteiligten.
Werfen wir noch einen Blick auf die Anfänge der Kapelle. Es war Johann Peter Aschenbroich, der die Kapelle zu Ehren des heiligen Josef errichten ließ. Aschenbroich war Vogt (ältere Schreibweise: Voigt) des Herzogs von Berg. Er fungierte im Amt Monheim nicht nur als Richter, sondern hatte auch Verwaltungsbefugnisse. Mit Johann Peter Aschenbroich hatte 1695 eine Familientradition begonnen, die bis 1803 hielt. Drei Generationen Aschenbroich waren nacheinander Vogt.
Als Gutsbesitzer und Vogt war Aschenbroich ein vermögender Mann. Er hinterließ nicht nur die 1707 vom Kölner Weihbischof Johannes Werner von Veyder geweihte Hofkapelle, sondern auch ein Dienstsiegel, das die Vorlage für das heutige Stadtwappen lieferte.
In Aschenbroichs Siegel war erstmals eine Magd mit einer Gans zu sehen, die wir heute als Gänseliesel kennen. Wie die bildliche Darstellung gemeint war, erläuterte die lateinische Umschrift „Nocet esse locutum“ (etwa: „Geschwätz schadet“) – in amtlichen Angelegenheiten sollte Verschwiegenheit walten.
Johann Peter Aschenbroich und seine Frau stifteten 300 bergische Taler, damit regelmäßig Messen in dem nahezu quadratischen Gotteshaus gelesen wurden. Bis ins 20. Jahrhundert wurde dieses Vermächtnis erfüllt, dann war das Kapital durch Inflation aufgezehrt.
Auch nachdem die Vogtsfamilie Aschenbroich den Hof verkauft hatte, waren bekannte Monheimer seine Eigentümer, so im 19. Jahrhundert die Bürgermeister Christian Peters und Theodor Grein. Nach 1900 übernahm die Familie Roskothen das Anwesen und führte den landwirtschaftlichen Betrieb bis in die 1980er-Jahre.
Mehr über die Kapelle am Vogtshof erfährt man in folgenden Publikationen:
Letzte Änderung: 26. Oktober 2015