Im Park der historischen Marienburg hat der amerikanische Künstler Robert Wilson in einer mehrteiligen Installation eine märchenhafte Szenerie aus Skulptur, Licht, Poesie und Klang geschaffen.
Eine lebensgroße, weiß gefasste Skulptur in Gestalt eines kleinen Mädchens zieht die Blicke der Parkbesuchenden auf sich. Mit geschlossenen Augen und leichtem Lächeln vermittelt das Mädchen den Eindruck von konzentriertem Lauschen. Ihr emporgestreckter Zeigefinger wirkt wie eine Aufforderung an das Publikum, die Aufmerksamkeit ebenfalls auf die entfernt zu hörenden Klänge zu richten. In der anderen Hand hält das Mädchen einen Federkiel und erinnert die Monheimerinnen und Monheimer direkt an die berühmte Gänseliesel als Figur des Stadtwappens. Neben der Skulptur führt ein weiß gepflasterter Weg zu einem kleinen, hellgrauen Holzhaus auf der Rasenfläche. An der Frontseite des schmalen Häuschens gibt eine runde Öffnung den Blick ins Innere auf eine überlebensgroße, naturalistische Gänsefigur frei, die das Haus fast vollständig ausfüllt und die Betrachtenden direkt anzuschauen scheint. Die Öffnung ist auf halber Höhe angebracht, so dass Kinder bequem hineinschauen können, während Erwachsene sich bücken müssen.
Klangbrunnen überraschen mit Lichteffekten, Spiegelkonstruktionen und Malerei
Aus dem Inneren des Hauses werden Klänge hörbar – eine Collage aus Musik und poetischen Texten, die den geheimnisvoll-surrealen Eindruck der Szenerie verstärkt. Hinter der Hütte führt ein Rasenpfad zu drei runden Klangbrunnen, die sich in einigem Abstand voneinander auf der Wiese befinden. Außen in grauem Beton gehalten, wird man beim Blick hinein von farbigen Lichteffekten, Spiegelkonstruktionen und einer Malerei im Renaissance-Stil überrascht. Die künstlerische Gestaltung verbindet sich auch hier jeweils mit von mystischen Klängen untermalten poetischen Texten. Sie stammen von der Monheimer Schriftstellerin Ulla Hahn, die die Texte eigens für dieses Kunstwerk verfasst und sie zusammen mit Monheimer Kindern vertont hat.
Der amerikanische Regisseur und Autor Robert „Bob“ Wilson zählt zu den prägendsten Theatermachern der Gegenwart. Seit den 1970er Jahren hat er vor allem im Bereich des Musiktheaters und der Oper Maßstäbe gesetzt und eine neue Ästhetik etabliert. Charakteristisch für seine Bühnenstücke ist der gleichwertige Einbezug von Elementen wie Musik, Text, Licht, Bühnenbild, Kostüm und Choreographie. Wilson arbeitet außerdem als Bildender Künstler, Lichtdesigner und Architekt. In Monheim am Rhein hat er ein dauerhaftes Kunstwerk unter freiem Himmel geschaffen, in dem er ebenfalls mit theatralen Effekten arbeitet. Das Publikum bewegt sich wie auf einer Art Bühne durch die Installation aus Skulptur, Architektur, Licht, Text und Musik. Dabei spielt Wilson mit surrealen Elementen, Symbolen und Verweisen – beispielsweise auf das Motiv der Monheimer Gänseliesel –, bleibt aber eine konkrete Erzählung schuldig. Vielmehr lädt er Kinder wie Erwachsene ein, beim alltäglichen Parkspaziergang in eine märchenhafte Welt einzutauchen und sie inmitten der Natur mit allen Sinnen zu erfahren.
Die Installation entstand im Rahmen der Klangkunstausstellung The Sound – Sonic Art in Public Spaces der Monheim Triennale 2023.
geb. 1941 in Waco, Texas, USA
1959 – 1962 Studium der Betriebswirtschaft an der University of Texas
1963 – 1965 Studium der Architektur mit Bachelor-Abschluss am Pratts Institute, New York
1968 Gründung der experimentellen Theatergruppe „Byrd Hoffman School of Byrds“
1970 – 1976 Internationaler Erfolg mit ersten Hauptwerken in Theater und Oper „Deafman Glance“ (1970), „A letter to Queen Victoria“ (1974/75), „Einstein on the Beach“ (mit Philip Glass, 1976)
1992 Gründung des Watermill Center, einem Kunst- und Kulturzentrum in New York
1993 Goldener Löwe für Skulptur der 45. Venedig Biennale
1997 Europäischer Theaterpreis
2014 Bundesverdienstkreuz
2023 Praemium Imperiale