Monheim-Lexikon: Zweiter Weltkrieg

Rhenania (1)

Industriebetriebe waren bevorzugte Ziele bei den 1940 einsetzenden Luftangriffen. Vor allem das größte Monheimer Unternehmen, die am Rhein gelegenen Rhenania-Ossag Mineralölwerke, geriet ins Visier der britischen Piloten. In den ersten Kriegsjahren fielen zwar immer wieder Spreng- und Brandbomben auf das Werksgelände, es scheint aber zumeist bei kleineren Sachschäden geblieben zu sein, von Verletzten oder Toten ist nichts bekannt.

Neun Menschenleben forderte jedoch am 6. Oktober 1944 ein überraschender Jagdbomberangriff. Bei den Opfern handelte es sich um drei deutsche Beschäftigte und sechs italienische Zwangsarbeiter.

Als einziges Monheimer Ziel war die Rhenania im [extern]„Bomber’s Baedeker“ eingetragen, wenn auch nur unter „Fabriken von relativ geringer Bedeutung für die deutschen Kriegsanstrengungen“, der niedrigsten von drei Kategorien. Die britische Regierung, die den „Bomber’s Baedeker“ herausgab, war über die anvisierten Ziele im gesamten Deutschen Reich sehr genau informiert.

Ihre Kenntnisse hatten die Briten weniger durch Spionage gewonnen, als durch jahrelange sorgfältige Auswertung von Karten und Plänen, Adressbüchern, Geschäftsberichten und anderem öffentlich zugänglichen Material mehr.

Der Titel „Bomber’s Baedeker“ spielte auf die Reihe der bekannten Reiseführer an, die der Verleger Karl Baedeker im 19. Jahrhundert gegründet hatte und gerade von britischen Rheinreisenden viel benutzt wurden. Im „Bomber’s Baedeker“ heißt es über das Monheimer Rhenania-Werk, dort würden aus Rohöl jährlich schätzungsweise 115.000 Tonnen Benzin und 20.000 Tonnen Schmierstoffe geringer Qualität hergestellt.

„[Im Bomber’s Baedeker] findet sich kein Hinweis darauf, warum die Autoren ihr Werk nach dem berühmten deutschen Reiseführer benannten. Zwar war ,Baedeker‘ schon vor dem Zweiten Weltkrieg auch in Großbritannien ein Synonym für Reiseführer. Doch liegt ein anderes Motiv auf der Hand: die in Großbritannien als ,Baedeker Raids‘ bezeichneten Angriffe der deutschen Luftwaffe auf die südenglischen Städte Exeter, Bath, Norwich, York und Canterbury 1942. […] Am 24. April 1942, dem Tag nach dem ersten Angriff auf Exeter, äußerte ein ranghoher Beamter des Außenministeriums […] in Berlin, die deutsche Luftwaffe werde von nun an jedes Gebäude in Großbritannien bombardieren, das im ,Baedeker‘ als bedeutend markiert sei. Wahrscheinlich bekam die Zielliste als späte Reaktion darauf ihren Namen.“

Frankfurter Allgemeine vom 26. Juni 2019

Die schwersten Bombenangriffe auf die Rhenania gingen am 15. Oktober 1944 und [intern]21. Februar 1945 nieder. Offenbar war beidemal rechtzeitig Alarm gegeben worden, denn im Werk kam nach heutigem Kenntnisstand niemand ums Leben. Ein beim Tagesangriff der US Air Force am 15. Oktober 1944 aufgenommenes Luftbild erschien kurz darauf in der New York Times. Nach Angaben in der Sammlung zur Heimatgeschichte im [intern]Deusser-Haus (Feststellung vom 18. Oktober 2020) hat ein in den USA kriegsgefangener Monheimer die Zeitung mit nach Hause gebracht. Wie schließlich der Ausschnitt ins Stadtarchiv gelangte, ist unbekannt.

Zuletzt geändert am 4. November 2020

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