„Aber der Rheinländer liebt seinen Strom und weiss, dass er ihm alle Mühen und Opfer tausendfach dankt.“ – Robert Jasmund, Die Arbeiten der Rheinstrom-Bauverwaltung 1851–1900, S. 9
„[…] denn große Flüsse haben, wie das Meeresufer, immer etwas Belebendes […].“ – Johann Wolfgang Goethe, Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit (Erster Teil, sechstes Buch)
„Der Rhein in Dondorf roch nach Abschied und Sehnsucht.“ – Ulla Hahn, Aufbruch, Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 2009, S. 567
Monheim ohne Rhein? Undenkbar! Seit 1994 ist der Strom, das einzige Fließgewässer im Stadtgebiet, sogar Bestandteil des Stadtnamens. Der Rhein ist eine Bundeswasserstraße und eine der am stärksten befahrenen Wasserstraßen Europas. Die Gesamtlänge beträgt von der Quelle in den Alpen bis zur Mündung in die Nordsee 1233 Kilometer. Davon sind mehr als 800 Kilometer schiffbar.
Auf das Monheimer Stadtgebiet, am rechten mittleren Niederrhein gelegen, entfallen die Stromkilometer 707 bis 717. In der Mitte des Flusses verläuft die gemeinsame Stadtgrenze mit Köln und Dormagen. Für den Rhein und andere Bundeswasserstraßen gibt es eine eigene Wasser- und Schifffahrtsverwaltung, die dem Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung unterstellt ist. Zuständig für den Monheimer Rheinabschnitt ist das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Rhein mit Sitz in Bingen.
Mit dem Aufkommen der Dampfschiffe – ihr Siegeszug auf dem Rhein begann 1816 mit der Fahrt des englischen Schiffs „The Defiance“ („Trotz“) von Rotterdam nach Köln; am 12. Juni passierte es Monheim – und der Industrialisierung nahm die Rheinschifffahrt im 19. Jahrhundert stark zu.
Für den Fluss gab es aber noch keine zuverlässige und einheitliche Längenmessung. Schifffahrt und Zollverwaltungen drangen auf Abhilfe, denn die Zolltarife richteten sich nach der Länge der Transportwege. Die 1816 gegründete „Central-Commission für die Rheinschiffahrt“ der Rhein-Anliegerstaaten nahm sich des Problems an und ließ den Rhein von 1831 bis 1839 vermessen.
Im Jahr 1867 beschloss die Zentralkommission, die Messwerte auch optisch darzustellen. Dazu wurden von Basel bis Rotterdam Kilometersteine aufgestellt, und zwar im Abstand von zehntausend Meter. Die Markierungen werden deshalb Myriametersteine genannt (griech. myria = das Zehntausendfache).
„Die Myriametersteine wurden aus hellem Ibbenbürener Sandstein gefertigt und waren Steinquader in den Abmessungen 50 x 50 x 50 cm mit flach pyramidaler Oberseite […]. Sie waren mit römischen Zahlzeichen durchnummeriert […]. Von den damals auf beiden Rheinseiten gesetzten Myriametersteinen sind heute leider nur noch wenige erhalten. [Sie] waren zwar vermessungstechnisch ein beachtlicher Fortschritt […], hatten aber den schwerwiegenden Nachteil, dass man sie vom Rhein aus (fast) nicht ablesen konnte. Deshalb wurden nach einer verbesserten und abschnittsweise mehrfach korrigierten Neueinmessung des Rheins (1883–1910) nach 1890 die alten Myriametersteine schrittweise durch neue Sichtzeichen im Kilometerabstand ersetzt“, erläutert Bruno P. Kremer in seinem Buch „Der Rhein. Von den Alpen bis zur Nordsee“ (Mercator-Verlag, Duisburg 2010, S. 194–196).
Im Stadtgebiet gibt es noch zwei dieser Myriametersteine, je einen in Monheim und Baumberg.
Monheim, Kapellenstraße: Der Stein stand ursprünglich in Blee etwa in Höhe der Hefefabrik, worauf sich die Entfernungsangaben beziehen. 1978 wurde der Stein wieder aufgefunden, auf Veranlassung des Heimatbunds restauriert und an der Kapellenstraße gegenüber dem Deusser-Haus aufgestellt. Inschriften:
Flussseite | Nr. LIV = 54 x 10 000 Meter = 540 Kilometer = Länge des Rheins gemessen von der Mitte der alten Baseler Rheinbrücke Angabe der Höhe über A. P. (Amsterdamer Pegel) = 39,143 Meter |
Landseite | Entfernung in km von Basel = 540,0 Kilometer Entfernung in km bis Rotterdam = 284,45 Kilometer |
Oberstromseite | Entfernung von der Landesgrenze Hessen / Preußen = 205,227 Kilometer |
Unterstromseite | Entfernung bis zur Landesgrenze Preußen / Holland = 146,703 Kilometer |
Der Monheimer Myriameterstein wurde 1983 in die städtische Denkmalliste aufgenommen. Im Frühjahr 2020 ließ die Stadt den Stein von Restaurator Andreas Hartmann (Bruchhausen) instandsetzen und reinigen.
Baumberg, Klappertorstraße: Dieser Myriameterstein stand ursprünglich in der Baumberger Aue, nördlich des heutigen Campingplatzes. 1976 wurde er dort von Steinmetz Heinrich Müller-Krott (1931–2002) im Auftrag des Baumberger Allgemeinen Bürgervereins (BAB) restauriert. Im Jahr 2006 beauftragte der BAB den Steinmetzmeister Frank Funke mit einer abermaligen Restaurierung und setzte den Stein zur Klappertorstraße um. Inschriften:
Flussseite | Nr. LV = 55 x 10 000 Meter = 550 Kilometer = Länge des Rheins gemessen von der Mitte der alten Baseler Rheinbrücke Angabe der Höhe über A. P. (Amsterdamer Pegel) = 37,584 Meter |
Landseite | Entfernung in km von Basel = 550,0 Kilometer Entfernung in km bis Rotterdam = 274,458 Kilometer |
Oberstromseite | Entfernung von der Landesgrenze Hessen / Preußen = 215,227 Kilometer |
Unterstromseite | Entfernung bis zur Landesgrenze Preußen / Holland = 136,703 Kilometer |
Früher verbreitete „Vater Rhein“ Angst und Schrecken, wenn er über die Ufer trat, sich in den Ort ergoss und von Frohnstraße bis Kradepohl alles überschwemmte. Besonders schlimm war das Hochwasser vom Januar 1926, später auch „Jahrhundert-Hochwasser“ genannt. Am 4. Januar 1926 unternahm die Gemeindeverwaltung eine Erkundungsfahrt per Ruderkahn. Am Tag darauf berichtete der „General-Anzeiger Langenfeld“ darüber:
„Es bot sich dem Auge ein trostloses und schreckliches Bild. Die größten Verheerungen sind am Drehwahn [heute Drehwanstraße], dem Pickelstein [Kradepohl] und Kohlblech [Bleer Straße Höhe Frohnstraße] zu verzeichnen. Dort standen die unteren Stockwerke fast ganz im Wasser. Ställe ragten nur noch mit dem Dach aus den Fluten heraus. An einigen Stellen sind Fachwerke eingestürzt. Die in die oberen Stockwerke geflüchteten Bewohner müssen den Ausgang durch die Fenster auf angelegte Leitern nehmen.“
Weiter hieß es in dem Pressebericht: „Etwa 100 Wohnungen mit 220 Wohnräumen liegen im Wasser, die Bewohner sind anderweitig untergebracht. Desgleichen sind viele Werkstätten und Stallungen überflutet. Das Vieh konnte noch rechtzeitig in Sicherheit gebracht werden. Besonders gefährdet war das etwas von Monheim entfernt liegende Gehöft Oedstein […]. Haus Bürgel, eine Besitzung des Grafen von Nesselrode-Reichenstein, ist vollständig vom Wasser eingeschlossen. Das Vieh wurde in Booten nach Baumberg geschafft, ein anderer Teil auf den Speicher, den man als Stall eingerichtet hatte.“
„Der angerichtete Hochwasserschaden […] beträgt nach der vorläufigen Schätzung für Monheim und Baumberg, außer dem Dammschaden, der ebenfalls beträchtlich hoch sein wird, mindestens 120.000 Mark. […] Beigeordneter [Josef] Stefen hob besonders die große Aufopferung der Feuerwehr, sowie den Fleiß und die Arbeit der Erwerbslosen hervor, die im letzten Augenblick noch 5000 Meter Maschendraht über den Damm gezogen haben […].“
Erst der 1929 fertiggestellte Deich beendete die Willkürherrschaft des Flusses. Der alte Deich trotzte mehr als siebzig Jahre den Fluten. Seine härteste Bewährungsprobe bestand er am 30. Januar 1995, als der Kölner Pegel bis auf 10,69 Meter stieg. Der Damm hielt (wenn auch mit Mühe), doch Wasserbautechnik und Ansprüche an den Hochwasserschutz hatten sich im Laufe der Jahrzehnte weiterentwickelt. Von 2000 bis 2002 wurden die Deichanlagen im Monheimer Rheinbogen von Grund auf erneuert.
Aus dem Fenster in den Nachen gestiegen
Auch Bernhard Damm (1840–1906), von 1872 bis 1904 Lehrer an der evangelischen Schule an der Grabenstraße, schilderte 1884 anlässlich des hundertjährigen Jubiläums seiner Schule Hochwasser-Ereignisse (zitiert nach Fritz Hinrichs, Monheimer Kulturbilder aus Geschichte und Gegenwart, Eigenverlag der Stadt Monheim, 1971, S. 138):
„[…] den Hochfluten des Rheins war sie [die Schule] 1830, 1845, 1850 und 1882 ausgesetzt. Im letzten Jahre stand das Wasser 37 cm hoch im Schulzimmer und in den unteren Räumen der Lehrerwohnung. Bei dieser Katastrophe bin ich durch ein Fenster der Wohnstube in den Nachen der Schulvorsteher [Carl] Leist und [Ferdinand] Lottner gestiegen und mit ihnen die Kapellenstraße abwärts um die Kapelle herum gefahren.“
Weiter berichtete Damm: „Bei Rheindorf war der Deich gebrochen, so daß das Wasser mit großer Gewalt östlich an Monheim vorbei floß. Gutsbesitzer Schmitz auf dem Alt-Judenhof verlor damals 22 Stück Rindvieh und ein Pferd. Daß ein Schiffer seinen Nachen in der Nähe der Kapelle auf der Seite der Windmühle an dem neugebildeten Rheinarm in Ermangelung eines anderen festen Gegenstandes an das Bein einer dorthin ans Ufer getriebenen verendeten Kuh gebunden, mag hier als trauriges Kuriosum erwähnt werden.“
Das 3,5 Kilometer lange Bauwerk kostete rund 34,7 Millionen Euro. Davon kamen 21,6 Millionen Euro vom Land; 5,6 Millionen von der Europäischen Kommission im Rahmen der Interreg Rhein-Maas Aktivitäten (IRMA) und drei Millionen von der Stadt. Neu angelegt wurde eine Flutmulde mit 200 Hektar Fläche, in die bei Hochwasser bis zu acht Millionen Kubikmeter Wasser fließen. Solche „Rückhalteräume“ reduzieren die Spitzenwerte von Hochwassern, wenn es auf jeden Zentimeter ankommt.
Lange Zeit war der Rhein Arbeitgeber für Fischer, Flößer und Fährleute. Heute gilt die Lage am Strom die meiste Zeit des Jahres als naturgegebener positiver Standortfaktor. Die Wege auf dem Deich, die einen weiten Ausblick über den Rhein gestatten, sind an Wochenenden mit schönem Wetter geradezu überlaufen. Spaziergänger, Jogger, Walker, Nordic Walker, Radler, Reiter, Go-Kart-Fahrer, Inline-Skater – sie alle strömen in Scharen zum Strom.
Dass der Rhein in festen Bahnen verläuft, war für die Menschen in alten Zeiten allenfalls Wunsch und Vorstellung. Immer wieder verwarf der Strom sein Bett, suchte sich neue Wege und bildete zahlreiche Nebenarme.
Eines der bekanntesten Beispiele für die Folgen einer Rhein-Verlagerung ist Haus Bürgel in der Baumberger Aue. Dass das von den Römern im vierten Jahrhundert linksrheinisch erbaute Kastell heute rechtsrheinisch liegt, ist die Folge eines starken Hochwassers zwischen Weihnachten 1373 und Mai 1374. Damals änderte der Rhein wieder einmal seinen Verlauf, mit bleibender Wirkung.
An Monheim floss der Rhein einst direkt unterhalb der Kirche St. Gereon und des Marktstiegs vorbei. Nahe der Kirche, an der heutigen Zollstraße, errichteten die Grafen von Berg eine seit 1257 verbürgte Zollstätte. Nach 1590, als der Rhein sein Bett verlagert hatte und der alte Flussarm trocken fiel, wurde die Zollstätte für weitere 200 Jahre auf das Werth (ein anderes Wort für Insel) verlegt, das rund 400 Meter westlich lag.
Auch als Schwimmbad wurde der Rhein früher rege genutzt. Davon legt ein Beschluss Zeugnis ab, den der Monheimer Gemeinderat am 13. Juli 1950 in „Geheimer Sitzung“ fasste:
„Um der Gefährlichkeit der Rheinströmung Rechnung zu tragen und gleichzeitig das wiederholt auftretende Nacktbaden auszurotten, wird das Baden und Zelten ab dritter Kribbe bis zur Kribbe hinter Kilometerstein 713 sowie von der alten Schleuse bis zur Rhenania [heute Rheinpark], ebenso das Baden am Ödstein, freigegeben.“
Sollte der Beschluss noch in Kraft sein: Bleibt trotzdem am Ufer und damit auf der sicheren Seite. Denn wer im Rhein schwimmt, schwebt in Lebensgefahr!
Starke Hochwasser des Rheins sind spektakuläre Ereignisse. Aber auch das andere Extrem kommt immer wieder vor: Wenn Niederschläge über längere Zeit ausbleiben, stellt sich Niedrigwasser ein.
Der Pegelstand ist freilich ein abstrakter Mess- und Orientierungswert. Auch bei Niedrigwasser ist weitaus mehr Wasser in der Fahrrinne, als der Pegelstand vermuten lässt. Zum am Pegel gemessenen Wert müssen laut Aussage des Hydrologen Jan Böhme vom Wasser- und Schifffahrtsamt Duisburg etwa 1,05 Meter hinzugerechnet werden, um die ungefähre Tiefe der Fahrrinne im Monheimer Rheinabschnitt zu ermitteln (Rheinische Post vom 22. November 2011). Der durchschnittliche Wasserstand des Rheins, das sogenannte Mittelwasser, beträgt am Kölner Pegel 3,21 Meter.
Niedrigwasser können auch im Winter auftreten: „1750, im Januario bis den halben February ist der Rhein so klein gewesen, das man an etlichen Örthen durch den Rhein hatt können gehen, und hier in Zonß in keinem Pütz [Brunnen] klahr Wasser gnug, sondern alle schier balt trücken waren, also das hiesiger Hospes [Gastwirt] im Schwanen […] mit der Kahren Wasser zum Brewen [Brauen] aus der Leimkuhlen müssen holen“, notierte der Zonser Küster Johannes Peter Schwieren. (Thomas Schwabach: Die Schwieren-Chroniken aus Zons. Bemerkenswertes aus einer niederrheinischen Kleinstadt und ihrer Umgebung 1733–1823, Veröffentlichungen des Kreisheimatbundes Neuss e. V., Nr. 15, 2005, S. 71.)
Mit der Schilderung eines Niedrigwassers beginnt auch die Sage vom Monheimer Spielmann: „In dem Sommer 1615, gerade zur Zeit der Monheimer Kirmes, hatte der Rhein bei anhaltender Dürre so wenig Wasser, dass er in seinem Bette aussah wie ein Knäblein, das den Rock eines Erwachsenen angezogen hat, und dass ein Mann, dem die Fuhrt bekannt war, es wagen durfte den Strom zu durchwaten.“ (Montanus [Vincenz von Zuccalmaglio], Die Vorzeit der Länder Cleve=Mark, Jülich=Berg und Westphalen, 1837.)
Im Monheimer Rheinabschnitt gab es früher eine Stelle mit besonders niedrigem Wasserstand, nämlich am sogenannten Platthals etwa auf halber Höhe zwischen Oedstein und Piwipp. Dieses Hindernis für die Schifffahrt ist wohl nach dem Zweiten Weltkrieg beseitigt worden. „Durch den Bau von 9 Buhnen am rechten Ufer bis zur Streichlinie, die Deckung des linken Ufers durch eine Steinschüttung, durch Abbaggerung des Mittelsands und Verlängerung des Bleer Flügeldeiches bis nach Monheim […] sind jetzt normale Verhältnisse geschaffen worden“, schreibt Paul Gelinsky in „Der Rhein. Ausbau – Verkehr – Verwaltung“, herausgegeben von der Wasser- und Schiffahrtsdirektion Duisburg, Rhein-Verlagsgesellschaft, Duisburg 1951, S. 172.
Im Frühsommer 1966 brauchte die Presse nicht das Ungeheuer von Loch Ness zu bemühen, wenn sie ihren Lesern eine schier unglaubliche Tiergeschichte bieten wollte. Im Rhein tummelte sich ein leibhaftiger Weißwal. Von Emmerich bis Bonn hielt der verirrte Meeressäuger die Menschen wochenlang in Atem.
Tausende standen an den Ufern, um einen Blick auf den ungewöhnlichen Rheintouristen zu erhaschen. Auch den Monheimern machte er seine Aufwartung. „Wal hat soeben passiert“, meldete am 10. Juni 1966 um 9.20 Uhr die Hitdorfer Fährstation. Vermutlich bereits seit 18. Mai war der flinke Dicke im Rhein; die niederländische Grenze hatte er ohne Kontrolle überschwommen.
Die ersten aufgeregten Augenzeugenberichte wurden noch als Spinnerei abgetan. Doch bald gab es keinen Zweifel mehr: Bei dem „großen weißen Tier“ handelte es sich nicht um ein Phantom, sondern um einen echten, etwa sechs Meter langen Belugawal. Schneeweiß blieb er allerdings nicht. Das damals stark verschmutzte Rheinwasser hinterließ dunkle Schlieren auf dem vollschlanken Walkörper.
Schnell hatte der weiße Meeresriese seinen Spitznamen weg. „Moby Dick“ wurde er gerufen. Im Unterschied zu dem im Alter weiß gewordenen Pottwal aus dem Roman des amerikanischen Schriftstellers Herman Melville (1819–1891) war der Rheinschwimmer aber völlig friedlich. Die Rolle des Kapitän Ahab übernahm auf dem Strom der Direktor des Duisburger Zoos, Dr. Wolfgang Gewalt (1928–2007). Er suchte freilich nicht den Kampf auf Leben und Tod wie Melvilles Romanheld, sondern wollte den Weißwal zum Prunkstück des soeben gegründeten Duisburger Delfinariums machen. Doch alle Jagdlist war vergeblich. Im entscheidenden Moment sahen die Häscher jedesmal nur noch die Fluke des abtauchenden Wals.
Was wollte er überhaupt im Rhein, und wo wollte er hin? Witzbolde meinten, der Ausflug sei ein Beitrag zum Wahlkampf um den nordrhein-westfälischen Landtag. Nüchtern betrachtet war es wohl eher Hunger auf Fisch, der den Weißwal dazu brachte, vom Salz- ins Süßwasser zu wechseln. Insofern benahm sich „Moby“ wie andere seiner Artgenossen auch. Nur der Weg zurück bereitete ihm Mühe. Immer weiter pflügte er rheinaufwärts, ehe er sich in Höhe Bonn besann. Endlich drehte er um und schwamm den weiten Weg zurück in Richtung Nordsee, wo sich seine Spur verlor.
Noch lange sorgte die Begegnung mit dem Wal für Gesprächsstoff. Die Monheimer Jecken freuten sich so sehr über den seltenen Gast, dass sie ihm zum Rosenmontagszug 1967 einen Wagen widmeten.
Radfahren am Rhein ist heute auf vielen ufernahen Wegen möglich. Radfahren auf dem Rhein gab es wahrscheinlich nur einmal. Von dem aus der alteingesessenen Monheimer Schreiner-Familie Kreuer stammenden Adolf Kreuer (1884–1962) wird berichtet, dieser habe sich mit einem selbstgebauten Wasser-Fahrrad auf den Strom gewagt. Anlässlich des 75. Geburtstags von „Kreuers Eu“ berichteten am 13. Juni 1959 die Düsseldorfer Nachrichten:
„Unvergessen ist, als er im Winter 1906 auf die Idee kam, mit seinem Fahrad über den Rhein zu fahren und es zu diesem Zweck […] umzubauen. Er entfernte das Vorderrad und montierte Gestell mit Sattel und Lenkstange auf zwei lange Zinkschwimmer. Ein Steuerruder wurde durch Drähte betätigt. Das Hinterrad versah er mit Schaufeln. Anfang April 1907 waren die Vorbereitungen für ein Kunstfahren auf dem Rhein abgeschlossen. Die Probefahrt am 6. April 1907 wurde von einem Volksauflauf begleitet. Tausende von Ansichtskarten kündeten von dem Ereignis.“
Bei der Darstellung des „Kunst-Wasser-Radfahrers“ auf der Postkarte scheint es sich freilich um eine der damals gängigen Fotomontagen zu handeln (siehe die Wiedergabe in: Alt-Monheimer Dokumente, Lieder, Gedichte und Geschichten, Verlag Jean König, Monheim 1989, S. 84). Dass Kreuer Nichtschwimmer gewesen sein soll, spricht hingegen nicht gegen die Radtour auf dem Wasser – schwimmen konnten zu jener Zeit nur sehr wenige Menschen. Selbst wer beruflich ständig mit dem Rhein zu tun hatte war in aller Regel Nichtschwimmer.
Zu einer weiteren Rheinfahrt der lustigen Art kam es am 15. September 1989. Der Altstädter Peter Vogel stieg in eine als Boot hergerichtete Badewanne, um darin nach Piwipp überzusetzen. Nach halbstündiger Fahrt kam Vogel heil am anderen Ufer an. Die per Flugblatt verbreitete Vorhersage „Dä Vuhls Pitter, wat af, dä kipp“ hatte sich nicht bewahrheitet.
Zuletzt geändert am 14. November 2023
Zur Länge des Rheinverlaufs siehe Bruno P. Kremer, „Wie lang ist eigentlich der Rhein?“, in: Rheinische Heimatpflege, 47. Jg., Nr. 1/2010, S. 52. Vom selben Autor stammt das empfehlenswerte Buch: „Der Rhein. Von den Alpen bis zur Nordsee“, Mercator-Verlag, Duisburg 2010.
Sehr informativ ist zudem das „Handbuch Rhein“, herausgegeben von Jochen Rahe, Martin Stieghorst und Urs Weber, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2011.
Mehr über den Rhein in der Informationsplattform Undine der Bundesanstalt für Gewässerkunde.
Ein weiterer Lexikon-Beitrag beschäftigt sich mit den Rheinfähren.