Erinnerung gemeinsam weitertragen – gegen Rassismus und Diskriminierung

Junge und alte Monheimerinnen und Monheimer gedachten gemeinsam der schrecklichen Ereignisse vom 9. November 1938

Kranzniederlegung vor der Altstadtkirche. Foto(s): Thomas Spekowius

Um das Mahnmal wurden wieder brennende Kerzen abgestellt.

Blick von der Empore in die Altstadtkirche.

Coronakonforme Kerzenausgabe im Ausgangsbereich der Altstadtkirche.

Nach einem besonders stillen Gedenken im Pandemiejahr 2020 konnte an diesem 9. November wieder eine Gedenkstunde in der Altstadtkirche mit anschließender Kranzniederlegung vor dem Holocaust-Mahnmal am Kradepohl stattfinden – in Erinnerung an die Opfer der NS-Pogromnacht vor 83 Jahren.

Schülerinnen und Schüler der Peter-Ustinov-Gesamtschule trugen dabei Ihre Gedanken über Verantwortung im Hinblick auf das Erbe des Nationalsozialismus vor und erinnerten dabei unter anderem an den Anschlag auf eine Synagoge in Hanau. Lydia Parnell Ballesteros und Alexander Schaefer vom Otto-Hahn-Gymnasium gestalteten das musikalische Programm an Violine und Klavier.

Ein klares Schuldbekenntnis

Pfarrer Falk Breuer nahm die Tatsache, dass gerade wieder der Rat der Evangelischen Kirche von Deutschland tagt, zum Anlass, an dessen erstes Zusammenkommen vor 76 Jahren zu erinnern. Damals kam es, vor vielen internationalen Gästen, zum sogenannten Stuttgarter Schuldbekenntnis. Der Rat der EKD bekannte sich offen zu seiner Mitverantwortung an den Verbrechen des Nationalsozialismus. Wörtlich hieß es damals: „Durch uns ist unendliches Leid über viele Länder und Völker gebracht worden. Wir klagen uns an – dass wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben.“ Aus heutiger Sicht, so Breuer, müsse man sagen, dass selbst diese Worte bei weitem nicht genug gewesen seien. Mit keinem Wort habe man seinerzeit den millionenfachen Mord an den Jüdinnen und Juden in ganz Europa erwähnt. „Gerade von einer christlichen Kirche, die Wurzeln im jüdischen Glauben hat, hätte man aus heutiger Sicht etwas dazu erwartet“, so Breuer. Trotzdem forderten diese Worte des Stuttgarter Schuldbekenntisses bis heute heraus. „Wenn ich sie höre, dann muss ich daran denken, wie sehr der Antisemitismus in unserer Gesellschaft gerade wieder mehr und mehr um sich greift.“ Erst kürzlich so Breuer, sei ein 18-jähriger Junge in Köln, gleich auf der anderen Rheinseite, brutal überfallen, seiner Kippa beraubt und brutal zusammengeschlagen worden. Es sei einfach unfassbar, dass in Deutschland wieder so etwas geschehe. „Dazu dürfen wir nicht schweigen. Wir dürfen nicht so tun, als ginge uns das nichts an. Das Stuttgarter Schuldbekenntnis mahnt uns auch heute, wachsam zu sein“, so der evangelische Pfarrer.

Monheimer Familienschicksale

Bürgermeister Daniel Zimmermann rückte in seiner Ansprache das durch städtische Recherchen an den Tag gebrachte Schicksal der beiden Monheimerinnen Hedwig Dahl und Marga Blumenfeld in den Mittelpunkt. Hedwig Dahl und ihre Familie wurden ermordet. Marga Blumenfeld überlebte den Holocaust – weil sie Ihrer Heimat den Rücken kehrte und nach Palästina, ins heutige Israel, floh. „Die Geschichte der beiden Cousinen zeigt, wie schwer es war, mit dem Leben davonzukommen. Spätestens seit dem 9. November 1938, dem Tag, dem wir heute gedenken, war es kaum noch möglich, Deutschland auf legalem Weg zu verlassen“, erinnerte Monheims Bürgermeister. Die Nationalsozialisten konnten sich sicher sein, dass es einerseits genügend Mitläufer gab, die ihnen halfen, ihre Verbrechen auszuüben, und dass der kleine Rest der Bevölkerung andererseits nicht mehr den Mut und die Kraft besaß, dem Terror etwas entgegenzusetzen. Wie sonst lasse sich erklären, so Zimmermann, dass überall in Deutschland Synagogen brannten, Häuser angesteckt wurden, Menschen gedemütigt, verschleppt und ausgeraubt wurden.

Nicht anders war es in Monheim am Rhein. Schon am 8. November wurde der jüdische Friedhof an der Hasenstraße verunstaltet. Die Täter warfen Grabsteine um und zerstörten sie. Anschließend beschmierten sie die drei jüdischen Wohnhäuser auf der Frohnstraße, der Grabenstraße und der heutigen Franz-Boehm-Straße mit Teer und roter Farbe. Es war nur die Vorbereitung auf den nächsten Abend. Am 9. November 1938 trafen sich die Täter dann zunächst im Saal Menrath, über der heutigen „Spielmann“-Kneipe, in der Altstadt. Sie tranken reichlich Alkohol und planten dabei ihre Anschläge. Dann machten sie sich auf den Weg zum ersten der drei jüdischen Wohnhäuser. Sie warfen Steine in die Fenster, zerstörten Wohnungseinrichtungen und warfen Schränke, Porzellan, Lampen sowie andere Dinge auf die Straße. Sie verprügelten die Bewohnerinnen und Bewohner und zogen weiter zum nächsten Haus. Augenzeugen berichten, dass an einem der drei Wohnhäuser, die am 9. November geplündert wurden, ein Klavier in den Vorgarten geworfen wurde und am nächsten Morgen noch Bettwäsche und Handtücher in den Telefonleitungen vor den Häusern hingen.

Nur die Wenigsten überlebten

Der 9. November 1938 war der Auftakt zur systematischen Ermordung von Millionen von Juden in ganz Europa. Von den 18 Menschen jüdischen Glaubens, die in Monheim lebten, haben nur sechs den Holocaust überlebt.

„Es war zudem der Auftakt für die Verbrechen an Millionen von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern“, erinnerte Monheims Bürgermeister. Auch in Monheim am Rhein wurden Menschen in Industriebetrieben und der Landwirtschaft gegen ihren Willen ausgebeutet. „Mit der Verlegung von Stolpersteinen wollen wir verhindern, dass dieses Unrecht in Vergessenheit gerät. Mittlerweile sind es 74 Steine und eine Stolperschwelle für die ermordeten Juden und Zwangsarbeitenden und auch ihre engsten Familienangehörigen. Im kommenden Jahr werden wir noch weitere Stolpersteine für die Jüdinnen und Juden ergänzen, die zur Flucht gezwungen waren, unter anderem auch für Marga Blumenfeld und ihre Familie“, kündigte Monheims Stadtoberhaupt an und lud die in der evangelischen Altstadtkirche versammelten Menschen ein, der Verlegung dieser Stolpersteine am 18. März 2022 beizuwohnen. Sein Appell: „Lassen Sie uns die Erinnerung gemeinsam weitertragen, damit der Rassismus und die grausame Diskriminierung, wie wir sie vor rund 80 Jahren in Monheim am Rhein gesehen haben, niemals mehr wiederkehren.“

Im Anschluss an die Andacht in der Altstadtkirche wurden Kerzenlichter hinaus zum Mahnmal an den Kradepohl getragen. Unter dem Motto „Erinnern statt vergessen“ erinnert die Stadt auch mit einer umfangreichen Broschüre und einer digitalen Karte, die die Verlegeorte der Stolpersteine zeigt, an die Schicksale von früheren Mitbürgerinnen und Mitbürgern sowie an das schlimme Leid zahlreicher Zwangsarbeitskräfte, die ihre engsten Angehörigen in Monheim am Rhein verloren oder hier die Jahre der NS-Terrorherrschaft selbst nicht überlebten. Informationen gibt es [extern]hier, die vollständige Rede von Bürgermeister Daniel Zimmermann [PDF]hier.(ts)

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