Auf dem Boden liegen dicke Bretter, unter den Füßen knirscht der Sand, durch die Fensterlöcher am Rhein weht eine leichte Brise und unter der Decke im großen Foyer strahlt die Sonne auf den Richtkranz. Noch ist die Kulturraffinerie K714 eine riesige Baustelle. Doch mit dem Richtfest feierten am vergangenen Sonntag rund 1500 Besucherinnen und Besucher einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zur Eröffnung. „Der Ansturm der Gäste ist atemberaubend. Aber das zeigt ja, dass die Neugier groß ist, dieses Gebäude zu erleben“, freut sich Bürgermeister Daniel Zimmermann. „Es ist schon toll, diese Halle im Wachsen zu sehen.“
Für 126,5 Millionen Euro entsteht am Monheimer Rheinufer derzeit eine Veranstaltungshalle der Superlative: Mitten in die ehemalige Shell-Fassabfüllanlage wurde in den vergangenen Monaten ein riesiger kubusförmiger Baukörper gesetzt. Im großen Saal sollen künftig bis zu 4800 Menschen Rock-, Pop-, Klassik- und Symphonie-Konzerte, Theaterstücke, Musicals und Comedy-Events, aber auch Karnevalssitzungen, Schützenfeste sowie Abitur-Feiern erleben können – die Kulturraffinerie K714 wird damit sowohl Schauspielhaus als auch Opernhaus, Philharmonie, Arena für Comedy und Kabarett, Messehalle, Ballsaal und Festzelt in einem. „Das ist bei uns eben nicht wie in Düsseldorf oder Köln, wo diese verschiedenen Nutzungen eigene Räumlichkeiten haben. Wir werden hier alles in einem Gebäude machen“, betont Bürgermeister Daniel Zimmermann unter dem Richtkranz. „Und deshalb darf dieses Gebäude auch diesen Preis kosten, weil es für all diese Veranstaltungen die eine Spielstätte am Rhein darstellen wird.“ Martin Witkowski, Intendant und Geschäftsführer der Monheimer Kulturwerke, pflichtet ihm bei: „Das wird ein ganz besonderes Projekt, das wir gemeinsam zum Leben erwecken.“ Ende 2025 soll die Kulturraffinerie K714 in Betrieb genommen werden, die komplette Fertigstellung ist im ersten Halbjahr 2026 geplant.
Exklusive Auftragsproduktion „Zwischen-Welt“ des Künstlerkollektivs Hidalgo
Die umfassende Umgestaltung der alten Shell-Fassabfüllanlage in ein multifunktionales Veranstaltungshaus hatte der Stadtrat 2018 beschlossen. 2019 konnten sich Bürgerinnen und Bürger in einer Online-Konsultation in die Planung einbringen, 2020 wurde das auf dieser Basis weiterentwickelte Architekturkonzept vorgestellt. Dann rückten die Baumaschinen an: Sie erkundeten den Boden, hoben Gruben für den Hauptkubus und die beiden Anbauten aus, entfernten Betonträger, errichteten zusätzliche Säulen, ersetzten Teile des mit Ölspritzern kontaminierten Mauerwerks und öffneten das Dach der Halle. Im Juni 2023 stand die Grundsteinlegung an. Mit der Schließung des Daches im großen Saal wird nun weniger als ein Jahr später bereits das Richtfest gefeiert.
Exklusiv für die Feier des Richtfests hatten die Monheimer Kulturwerke beim Münchener Künstlerkollektiv Hidalgo eine ganz besondere Produktion in Auftrag gegeben: 20 Künstlerinnen und Künstler und ein zehnköpfiges Inszenierungs-Team präsentieren die Produktion „Zwischen-Welt“ – weil das Davor nicht mehr und das Neue noch nicht ist. „‚Zwischen-Welt‘ ist damit die erste eigene Musiktheaterproduktion der Monheimer Kulturwerke, die in einer Off-Spielstätte, oder besser einer aktiven Baustelle realisiert wurde“, erklärt Martin Witkowski. Er bedankt sich bei seinem Team, das aus der Baustelle für wenige Stunden einen Veranstaltungsraum für zahlreiche Besucherinnen und Besucher geschaffen hat.
Mit Schauspiel, Tanz und Musik führt das Kollektiv die vielen kleinen und großen Gäste vom großen Foyer, vorbei an Baumaschinen und Gerüsten, in den großen Saal zu einer Tanzperformance. Wo jetzt noch ein großes Loch klafft, kann künftig ein Orchester in einem Orchestergraben Platz nehmen. Auch die Bühne selbst wird in ihrer Größe variabel sein. Zum Richtfest steigen von hier Wunschballons unter die 20 Meter hohe Decke, die ausreichend Platz für eine hochmoderne Bühnentechnik bietet. Im Winter wurden die 23 Meter langen Stahlträger installiert und Oberbühnen eingebaut, im kommenden Jahr soll dann schließlich die komplexe Ober- und Untermaschinerie installiert werden.
Gastronomie soll bereits vor Fertigstellung der Kulturraffinerie K714 öffnen
Auf der Rheinseite steht bereits ein viergeschossiger Anbau mit Platz für Gastronomie im Erdgeschoss und einer Dachterrasse im dritten Obergeschoss mit Bar und 180-Grad-Blick über den Rhein. Tonnenweise Beton wurde hier auf die verschiedenen Ebenen gepumpt und die Böden vorbereitet. Restaurant und Dachterrasse sollen bereits vor der ersten Veranstaltung im großen Saal öffnen können.
Vom großen Saal führt die Inszenierung das Publikum in das kleine Foyer zu Rheinliedern und einer Videoinstallation und in den kleinen Saal zu Lyrik und Tanz. Hier, im alten Bestand im Nordosten des Gebäudes, ist künftig Raum für kleinere Veranstaltungen. Der Ausbau der zahlreichen Innenräume, die zusammen eine Nutzfläche von knapp 14.000 Quadratmeter einnehmen werden, beginnt nach dem Richtfest. Zum großen Finale des Fests, der Walpurgisnacht, kehrt das Ensemble zurück in den großen Saal. Zu Felix Mendelssohn Bartholdys Oktett in Es-Dur wird es zum Abschluss ganz besonders bunt – nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was in der Kulturraffinerie K714 künftig möglich ist. (bh)