Kranzniederlegung und Gedenken am Volkstrauertag: Was von vielen Menschen wohl mit einer eher angestaubten Veranstaltung und dem Erinnern an irgendein zunehmend weit entferntes Gestern in Verbindung gebracht wird, ist in Wahrheit so aktuell wie lange nicht mehr – und weit jünger als gedacht.
In Monheim am Rhein wurde daher auch der diesjährige Volkstrauertag wieder vor allem im Zeichen der Versöhnung und der Verständigung mit zahlreichen aktuellen Bezügen gestaltet. Zum Programm trugen die Mitglieder der generationenverbindenden Schreibwerkstatt des Ulla-Hahn-Hauses und das Jugendblasorchester der städtischen Musikschule bei. Vertreterinnen und Vertreter der Stadt, des Heimatbunds sowie der Kirchengemeinden halten im jährlichen Wechsel Ansprachen. Auf Diakon Harald Wachter, der im Vorjahr unter anderem den schrecklichen Überfall der Hamas auf Israel thematisiert hatte, folgte an diesem Sonntag Monheims Stellvertretender Bürgermeister Lucas Risse.
Nie wieder
Zu der städtisch organisierten Gedenkstunde anlässlich des Volkstrauertags waren zahlreiche Monheimerinnen und Monheimer zum Mahnmal der „Klagenden Mutter“ in den Rheinanlagen an der Kapellenstraße gekommen. Dort mahnte auch Lucas Risse, den Volkstrauertag, nicht nur allein auf die beiden Weltkriege zu beziehen, sondern ihn ebenso als Gedenktag für alle Opfer von Gewalt und Diktatur zu verstehen und damit als Anlass zu nehmen, allgemein über Frieden und Menschenrechte nachzudenken sowie für diese einzutreten. In diesem Zusammenhang dürfe auch nicht verschwiegen werden, dass die in den Weltkriegen gefallenen Soldaten in großer Zahl nicht nur Opfer, sondern eben auch Täter gewesen seien, und die Mehrheit der deutschen Bevölkerung im 2. Weltkrieg die nationalsozialistische Diktatur unterstützt oder zumindest stillschweigend geduldet habe. Ein entrücktes Volk, das einem falschen Führer ins Verderben folgte und viel Leid über andere Menschen brachte. „Auch und gerade deshalb haben wir in der heutigen Zeit, in einer Welt, die von Konflikten im Nahen Osten und auch direkt bei uns in Europa, in der Ukraine, erschüttert wird, eine besondere Verpflichtung, uns für den Frieden einzusetzen“, so Monheims Stellvertretender Bürgermeister. In der Erinnerung an die beiden Weltkriege liege daher ebenso die Mahnung an alle für die Gegenwart und Zukunft: „Nie wieder dürfen wir zulassen, das Hass und Gewalt die Menschlichkeit verdrängen.“
Engagement für eine friedlichere Welt
In dem Zusammenhang erinnerte Lucas Risse nicht nur an die Kriegsopfer aus den Reihen der alteingesessenen Monheimer und Baumberger Bevölkerung. „Der Volktrauertag gibt uns auch die Gelegenheit, dem Leid der jüdischen Menschen sowie der Monheimer Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter zu gedenken, die hier in großer Zahl zu Tode kamen und deren Schicksale in den im Stadtgebiet verlegten Stolpersteinen verewigt ist.“ Mittlerweile erinnern 79 Stolpersteine an 21 jüdische Menschen 54 Zwangsarbeitskräfte, drei Euthanasieopfer sowie an den katholischen Pfarrer Franz Boehm. Risse: „Die Stolpersteine sind Denkmäler für Menschen, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, deportiert, ermordet oder vertrieben wurden. Und gleichzeitig stehen sie auch für die Verpflichtung, die Vergangenheit wach zu halten und uns gegen jegliche Form von Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung zu engagieren. Lassen Sie uns also heute nicht nur der Vergangenheit gedenken, sondern diesen Tag auch als Appell an die Zukunft begreifen: Wir, die Generation des Friedens in Europa, tragen die Verantwortung, das Vermächtnis der Opfer, durch unser Handeln weiterzutragen. Der Frieden, in dem wir leben dürfen, ist ein Privileg, dass wir verteidigen müssen. Möge uns diese Erinnerung stärken in unserem Engagement für eine Welt, in der Konflikte ohne Waffen gelöst werden und in der Menschlichkeit über alle Unterschiede hinweg verbindet.“
Ihre Hoffnung auch Frieden brachten auch die Autorinnen und Autoren der intergenerationellen Schreibwerkstatt des Ulla-Hahn-Hauses zum Ausdruck. Viele von ihnen thematisierten dabei auch den schwierigen persönlichen Umgang mit der Flut an düsteren Nachrichten, die aktuell so viele Menschen beschäftigen. Auf die Kranzniederlegung folgte eine Schweigeminute aller Beteiligten, bevor es leise wieder auseinander und in den Monheimer Sonntag hineinging. (ts)