Er habe einen Moment überlegt, ob es hinsichtlich der etwas aufgeladenen Tagesordnung, mit dem spannungsvoll erwarteten Punkt 6, über die Bereitstellung von Grundstücken zum Bau zweier islamischer Gemeindezentren in Wert von rund 0,85 Millionen Euro und begleitet von entsprechend großem Zuschauerinteresse, überhaupt angebracht sei, das Thema anzusprechen. „Aber dann“, so Bürgermeister Daniel Zimmermann, „habe ich mir gedacht, dass es gerade deshalb ganz besonders gut passt, weil wir hier solche Dinge heute eben selbst, unter uns und direkt vor Ort diskutieren und entscheiden können.“
Zu „solchen Dingen“ zählte an diesem Abend beispielsweise auch der einstimmig vom Rat gefasste Beschluss unter Top 14 zur Gründung der Monheimer Wohnen GmbH – ein insgesamt rund 90 Millionen Euro schweres Projekt, das als Modell gerade bundesweite Beachtung erfährt. Ziel: Städtische Mitgestaltung des Wohnungsmarktes im Sinne der Monheimer Bürgerinnen und Bürger. Möglich gemacht erst durch eigene Handlungs- und Gestaltungsfreiheit.
Und so erinnerte Monheims Stadtoberhaupt an diesem Mittwoch, 6. Juli, noch einmal an die bewegten Ereignisse vor rund 40 Jahren, die aus einem vorübergehenden Stadtteil Düsseldorfs wieder die Stadt Monheim und 1994 die schließlich Monheim am Rhein machten. „Ohne diese Ereignisse“, so machte Zimmermann klar, „würden wir hier heute alle gar nicht sitzen.“
Die Erklärung im Wortlaut: „Vor vierzig Jahren, am 1. Juli 1976, begann das zweite Leben der Stadt Monheim am Rhein. Mit diesem Tag war die anderthalbjährige Eingemeindung nach Düsseldorf vorüber, hatte die Stadt ihre Selbstständigkeit zurückerlangt. Das neue Gemeinwesen bestand allerdings nur noch aus Monheim und Baumberg. Hitdorf blieb bei Leverkusen. Auf der Strecke geblieben war bei der Kommunalen Neugliederung auch der Rhein-Wupper-Kreis, weshalb Monheim als zehnte Stadt in den Kreis Mettmann kam.
Die Neugliederung hatte landesweit viele Kommunen existenziell getroffen. Mehr als hundert riefen den Verfassungsgerichtshof in Münster an, doch nur fünf Klagen waren erfolgreich, darunter die der Stadt Monheim. Das Gericht stellte am 6. Dezember 1975 fest, die Auflösung der Stadt Monheim sei eine unverhältnismäßig harte Maßnahme gewesen. Also musste der Landtag neu entscheiden.
Nach turbulenten Debatten kam es am 19. Mai 1976 zur legendären Abstimmung per Hammelsprung, die mit 103 gegen 88 Stimmen für die Selbstständigkeit Monheims ausging. Der von einigen bis zuletzt favorisierte Zusammenschluss mit Langenfeld war damit erledigt. Das ging insbesondere auf den Einsatz der 1975 erstmals gewählten Abgeordneten Ingeborg Friebe zurück. Dafür erhielt sie den Beinamen ‚Mutter Courage‘.
Keine Selbstständigkeit ohne funktionsfähige Verwaltung
Die wiedergewonnene Selbstständigkeit nutzte allerdings nicht viel ohne eine funktionsfähige Verwaltung. Deshalb war erst einmal die wichtigste Aufgabe, Personal herbeizuschaffen, denn von den einstmals 340 Bediensteten waren nur wenige in der ‚Bezirksverwaltungsstelle‘ im Rathaus an der Alten Schulstraße verblieben.
Es fehlte freilich nicht nur an Personal, sondern auch an Möbeln und Akten. Ein altgedienter Verwaltungsmann griff zur Selbsthilfe. Der spätere Personalratsvorsitzende Johannes Trepels nahm am 2. Juli 1976 eine Schubkarre, fuhr damit in die Landeshauptstadt und packte sie voll mit Monheimer Akten. Von Haus Bürgel bis zum Rathaus schob Trepels seine Karre demonstrativ zu Fuß.
Richtig in Gang kamen Kommunalpolitik und Verwaltungstätigkeit dann nach der Wahl vom 3. Oktober 1976. Ingeborg Friebe wurde Bürgermeisterin, der ehemalige Kämmerer Werner Schmidt Stadtdirektor. Viele Projekte – vom Ausbau der Kanalisation bis zur Fertigstellung des Freibads – mussten fortgeführt oder wiederaufgenommen werden. Am Jahresende 1976 fiel die Bilanz durchaus positiv aus. Alles in allem, so unsere heutige Ehrenbürgermeisterin Ingeborg Friebe in einem Interview, habe Monheim die ‚Wechselbäder‘ der Neugliederung und die ‚Zeit der Stagnation‘ gut überstanden und könne optimistisch in die Zukunft blicken.
Dass wir uns diesem Optimismus voll und ganz anschließen können, dass von der tiefsten Zäsur in der jüngeren Stadtgeschichte nichts mehr zu spüren ist und dass die Stadt heute besser dasteht denn je, darf uns heute, zum vierzigsten Jahrestag der Wiedererlangung, mit Dankbarkeit und Freude erfüllen!“ (ts)