„Es ist Zufall, dass ich auf dieser Seite des Schreibtischs sitze“

Wolfgang Schneider wollte Lehrer werden, hat bei Ordnungsämtern gearbeitet und fand seine Passion beim Allgemeinen Sozialen Dienst

Wolfgang Schneider weiß, dass es bei seiner Arbeit beim ASD nicht um Quantität gehen darf. Foto: Tanja Bamme

Sonnenschein, Frühlingstemperaturen, Wochenendbeginn. Ein vermeintlich guter Tag im Haus der Chancen an der Friedenauer Straße. Dort, wo das Familienbüro sowie ein Großteil der Mitarbeitenden der Bereiche Kinder, Jugend und Familie sowie Schule und Sport zu finden sind, sitzt auch Wolfgang Schneider. Der Familienvater hat sein Einzelbüro in der zweiten Etage, blickt von seinem Fenster auf einen Kinderspielplatz. Idylle pur? Fehlanzeige! Denn während die Kinder im Sandkasten Burgen bauen, wälzt Wolfgang Schneider Akten. Er ist Sozialarbeiter. Und seine Fälle sind von Idylle weit entfernt. 

„Es sind die harten Fälle, mit denen ich mich befasse“, erklärt der Stadtmitarbeiter, der im vierten Jahr beim Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) der Stadt Monheim am Rhein angestellt ist und davor in Mönchengladbach tätig war. Mit harten Fällen meint er Jugendprostitution, Kinder und Jugendliche die missbraucht oder misshandelt werden oder sich in Obdachlosigkeit befinden. Schwere Kost. Jede braune Papierakte birgt ein persönliches Schicksal, hinter jedem Aktenzeichen steckt ein Mensch. Das hält sich Schneider immer vor Augen. Und wenn wieder ein Fall von schwerer Kindeswohlgefährdung bei ihm aufschlägt, dann zählen weder Sonnenschein noch Wochenendbeginn, dann ist sofortige Unterstützung gefragt. 

Vom Lehramtsstudenten zum Sozialarbeiter 

Ursprünglich hat sich Wolfgang Schneider gar nicht in der Rolle des Sozialarbeiters gesehen. „Ich habe begonnen auf Lehramt zu studiert, war als freier Journalist tätig und bin dann über Umwege bei kommunalen Ordnungsämtern gelandet“, erinnert er sich. Schon damals waren es die Menschen, die für Schneider „das Salz in der Suppe“ bei seiner Arbeit ausgemacht haben. Menschen, für die er gearbeitet hat. Er war am Düsseldorfer Hauptbahnhof im Einsatz und hat Auseinandersetzungen in der dortigen Altstadt geschlichtet. Erfahrungen, die ihn geprägt haben. Später fing er an, Soziale Arbeit zu studieren. Ein Praktikum legte den Grundstein für die spätere Karriere. Denn während Jugendämter nach außen als „Kinderklaubehörden“ ein Negativ-Image pflegen, geht es weder ums Klauen noch ums Bevormunden, wie Schneider schon früh begreift. „Es geht um Hilfe und Unterstützung auf Augenhöhe“, so der Fachmann, der dem schlechten Ruf seines Berufsstandes nun vehement entgegenwirken möchte. 

In die Glaskugel können Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter nicht gucken. „Wir sind auf Unterstützung angewiesen, beispielsweise von Schulsozialarbeitenden, die uns Hinweise auf eine Gefährdung geben.“ Dass sich Familien selbst Unterstützung holen, kommt vergleichsweise selten vor. Kommt es zu Hinweisen, beginnt ein engmaschiger Prozess, gespickt mit persönlichen Gesprächen, Netzwerkarbeit und einem Austausch auf Augenhöhe. Dabei ist gerade der letzte Punkt für den Monheimer Sozialarbeiter von größter Bedeutung. „Wenn ein junger Mann – der vielleicht gerade erst mit dem Studium fertig geworden ist – versucht, einer erfahrenen Frau mit vier Kindern von oben herab zu erklären, wie sie ihre Erziehung ändern soll, dann läuft was schief. Das ist nicht die Art, wie wir arbeiten.“ Vielmehr geht es um Vertrauen und um Verständnis. Nicht um Dienst nach Vorschrift. 

Basketball statt Büroalltag 

In Monheim am Rhein habe man das verstanden, weiß Schneider, der dankbar ist, schnelle und individuelle Lösungen schaffen zu können. „Wir sind nah dran an unseren Klientinnen und Klienten. Man muss sich nicht immer im stickigen Büro treffen, wir können auch mal Basketball spielen oder uns zum Kaffee verabreden.“ Unkompliziert, unkonventionell, ungewöhnlich. „Es ist Zufall, dass ich auf dieser Seite des Schreibtischs sitze, das betone ich immer wieder“, so der Fachmann, der für eine authentische Art wirbt und diesen Ansatz auch seinen Studentinnen und Studenten bei Lehrveranstaltungen an der Fachhochschule mit auf dem Weg gibt. 

Ein Zahnrad im Uhrwerk der Hauptstadt für Kinder ist die Moki-Präventionskette. Die Angebotspalette erreicht alle Gesellschaftsgruppen und bringt auch junge Menschen mit Problemen zum Vorschein, die sonst durch ein Raster fallen würden – Menschen, denen gerade bei frühzeitiger Erkennung noch wertvoll geholfen werden kann. „Wir reden also nicht nur von Prävention, sondern auch von einem Konzept, das uns die Menschen aufzeigt, die Hilfe benötigen“, fasst Schneider zusammen. Und dann sind sie auf einmal sichtbar, die Jugendlichen mit blauen Flecken, die Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten, die weggelaufenen Teenagerinnen und Teenager, die Angst haben nach Hause zu gehen. Die Inobhutnahme sei aber nur das letzte aller Mittel, um Schutz zu bieten, so Schneider. Ziel soll es sein, Familien wieder zusammenzuführen, ihnen aufzuzeigen, dass es Hilfe gibt, die dafür sorgt, dass ein friedliches und liebenswertes Miteinander möglich ist. Ohne Angst, ohne körperliche oder verbale Anfeindungen. 

„Es darf nicht um Quantität gehen“

Beim ASD der Stadt Monheim am Rhein sind aktuell 16 Mitarbeitende im Einsatz. Rund 35 Fälle werden von ihnen pro Person bearbeitet. Das ist eine vergleichsweise geringe Quote, für die Wolfgang Schneider dankbar ist. „Ich weiß, dass Kolleginnen und Kollegen in anderen Städten fast immer weit mehr Klientinnen und Klienten betreuen – zu Lasten jeder und jedes Einzelnen“, führt er aus und ergänzt, dass es in seinem Umfeld nicht um Quantität gehen dürfe. „Was bei uns zählt, ist ganz klar die Qualität der Arbeit.“

Wenn abends der Feierabend ruft und sich Wolfgang Schneider auf den Weg nach Hause macht, dann warten dort seine Frau und seine vierjährige Tochter. Doch was passiert dann eigentlich mit dem Gedankenkarussell: Lässt sich das einfach an- und abschalten? „Nicht immer“, gibt Schneider zu. „Es ist Tagesformabhängig, wie ich mit Situationen umgehe. Wir sind alle nur Menschen und persönliche Schicksale nehmen mich natürlich auch mit. Aber erst, wenn das nicht mehr der Fall wäre, würde ich mir Sorgen machen.“ 

Übrigens: Erste Anlaufstelle für Beratungsbedarf ist das Moki-Familienbüro im Haus der Chancen an der Friedenauer Straße 17c. Das Büro hat montags bis freitags von 8:30 bis 12 Uhr, montags bis mittwochs von 13 bis 15 Uhr und donnerstags zusätzlich von 13 bis 17:30 Uhr geöffnet. Telefonisch ist das Familienbüro unter +49 2173 951 5151 erreichbar. (tb)

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