Gänselieselwagen und faire Kamelle im Wert von 100.000 Euro übergeben

Bunte Karnevalsfeier im Betriebshof und ein paar nachdenkliche Worte in durchaus auch ernsten Zeiten

Über eine halbe Million Tütchen und Schokoladentäfelchen mit fair gehandelter Kamelle werden an diesem Wochenende bei den drei bunten Karnevalszügen im Monheimer Stadtgebiet fliegen. Die Erste Beigeordnete Dr. Lisa Pientak und Schauspieler Dietmar Bär vom Tatort-Verein (2. und 3.v.l.) warfen mit dem karnevalistischen Nachwuchs schon mal Probe. Foto(s): Thomas Spekowius

Gänseliesel Nathalie und Spielmann Moritz freuen sich über den von der Stadt für sie gestellten Wagen.

Für Monheims Erste Beigeordnete Dr. Lisa Pientak gab es von Dietmar Bär den Orden der Jecken Fairsuchung. Links Projektleiter Christoph Alessio, rechts die städtische Fairtrade-Beauftragte und Leiterin der Abteilung Interkulturalität und Städtepartnerschaften Annika Dotor de Pradas. Sie betont: „Als Fairtrade-Stadt sind wir überzeugt: Unsere gemeinsames Engagement lohnt sich und kann dazu beitragen, dass Menschen in allen Teilen der Welt ein gutes Leben führen können. Das zeigen wir auch im diesjährigen Rosenmontagszug wieder mit unserem Fairtrade-Wagen aus der Werkstatt von Jacques Tilly.

Musikalische Einweihung durch die Monheimer Prinzenpaare und deren Gefolge.

Zum Reinbeißen: Der bunte Monheimer Kamelle-Mix aus sechs Sorten.

Dietmar Bär kam eigens nach Monheim am Rhein, um Dankeschön zu sagen.

Auch in diesem Jahr wurde am Donnerstag vor Altweiber auf dem städtischen Betriebshof der Gänselieselwagen an das Monheimer Traditionspaar übergeben. Gänseliesel Nathalie und Spielmann Moritz dürfen sich über ein rundum gelungenes Gefährt für Rosenmontag freuen. Das Wagenmotto „Willkumme in Las Monnem am Rhing“ ist an das Sessionsmotto der Gromoka angelehnt: „Wat bruche mer en Pleitebank – mer mache uss im Casino blank.“

Blank dastehen werden Monheims Karnevalistinnen und Karnevalisten auch diesmal in Sachen Kamelle nicht – nicht zuletzt dank der für die Stadtkasse äußerst einträglichen Spielbank, auf die das Sessionsmotto anspielt. Einmal mehr gab es im Rahmen der städtischen Betriebsfeier am Donnerstag für diesmal 54 Fuß- und Wagengruppen fair gehandelte Kamelle im Wert von gut 100.000 Euro. Erstmals werden dabei 2024 gleich sechs verschiedene Sorten bei allen drei heimischen Karnevalsumzügen fliegen. Neben den schon bekannten Fliegenden Herzen aus Fruchtgummi gibt es Vollmilch- und Zartbitter-Schokolade. Die gelatinefreien Mango Veggies lösen die Mango Monkeys ab. Dazu gibt es erneut Dattel-Konfetti aus Ägypten, dieses Jahr in der neuen Sorte Hibiskus, und mit den Jecken Ananas noch eine zweite Sorte Fruitballs, bei der die Wertschöpfung zu 100 Prozent im Ursprungsland liegt. Im Fall der Ananas-Fruchtbälle mit Schokoladenhülle ist es Ghana. 

Gefeiert wurde in der Wagenhalle des städtischen Betriebshofs. Neben dem Wagen für das Monheimer Traditionspaar dienten bei der Übergabe durch die Erste Beigeordnete Dr. Lisa Pientak auch der Fairtradewagen und der Partnerschaftswagen Ataşehir als bunte Kulissen. Mit Letzterem werden am Rosenmontag Gäste aus Monheims türkischer Partnerstadt im Zug mitrollen. 

Ein großes Dankeschön

Pientak: „Es ist schön, dass auch heute wieder so viele Karnevalsgruppen zu unserer Betriebsfeier gekommen sind, um sich bei den vielen Kolleginnen und Kollegen zu bedanken, die ja zumindest den Straßenkarneval eigentlich gar nicht so richtig mit uns feiern können. Denn wenn wir alle gemeinsam Spaß haben sorgen sie für die notwendigen Absperrungen und räumen hinter uns wieder auf.“ Lob gab es von der Ersten Beigeordneten auch in Richtung des Wagenbaumeisters und künstlerischen Gestalters Stefan Goller sowie für die beiden Betriebshofmitarbeiter Sebastian Schwanke und Andreas Schulz, die die handwerklichen Arbeiten am Gänselieselwagen erledigten. 

Pientak: „Wir wissen um das hohe ehrenamtliche Engagement unserer Gruppen und Vereine, die den Karneval als Brauchtum tragen. Deshalb unterstützen wird das als Stadt gerne und an vielen Stellen. Etwa indem wir uns finanziell am Festzeltaufbau beteiligen und gerade eine neue Tanzübungshalle gebaut haben. Und wir tun es eben auch über die fair gehandelte Kamelle, die wir kostenfrei als ergänzendes städtisches Wurfmaterial bereitstellen.“ In Richtung der Monheimer Gruppen und Vereine hob die Beigeordnete hervor: „Wenn Sie in unseren Zügen Kamelle werfen, schauen Sie dabei in so viele leuchtende Kinderaugen. Ich finde, da gibt es doch ein gutes Gefühl, wenn man weiß, dass diese Kamelle nicht durch Kinderarbeit entstanden ist und dass ihre Produzentinnen und Produzenten einen gerechten Lohn bekommen, von dem sie leben und ihre Kinder in die Schule schicken können.“ 

Einen besonders herzlichen Dank sprach Pientak daher auch noch einmal an die neun Gruppen und Vereine aus, die zusätzlich zum Geschenk der Stadt, auch einen Teil ihres eigenen Budgets in faire Kamelle investiert haben. Jecke 11 Prozent sind dabei das erklärte Ziel.  „Schön, dass Sie so den von der Stadt eingeschlagenen Weg auf dieses Weise wertschätzen und mitmachen“, so Pientak in Richtung des Monheimer Prinzenpaars, der Baumberger Hippegarde, der KAB St. Dionysius, der Peto und der 109er-Actioncrew, der Prinzengarde Blau-Weiß, der Funkenkinder, des Herren-Elferrats der Gromoka und der SKFM-Kita Don Bosco. Sie alle haben am nächsten Wochenende noch weitere faire Kamelle mit an Bord.

Dietmar Bär als prominenter Gast

Der natürliche Rohstoff für die Mango Veggies wird auf den Philippinen zu fairen Bedingungen von Menschen angebaut, für die sich die beiden Tatort-Kommissar-Darsteller Dietmar Bär und Klaus J. Behrendt gemeinsam mit ihrem Schauspieler-Kollegen Joe Bausch bereits seit ihren Dreharbeiten für den 1998 erstausgestrahlten Tatort Manila über den von ihnen gegründeten Verein „Tatort e.V. –Straßen der Welt“ engagieren. In dem Verein ist auch das Kölner Projekt „Jecke Fairsuchung“ aufgegangen. Bär und Behrendt zeigen sich vom Monheimer Engagement schon seit vielen Jahren begeistert. 

Als Beirat und Gründungsmitglied des Tatort-Vereins sagte Dietmar Bär dieses Mal sogar persönlich Dankeschön in Richtung der Monheimerinnen und Monheimer: „Eure Stadt ist die größte Abnehmerin von fairen Kamellen bei der Jecken Fairsuchung. 2002 haben wir beschlossen, mit unserem kleinen „Tatort-Verein“ in das Thema faire Kamelle einzusteigen. Der Anfang war schwer. Da hieß es vor allem von Seiten des Festkomitees des Kölner Karnevals erstmal: ‚Nee, dat jeht nitt, mir han da Verdräge…‘ Heute sehr ich hier bei euch, dass eine Stadt für 100.000 Euro faire Kamelle kauft und so mit ihrem Frohsinn Menschen hilft, denen es nicht so gut wie uns geht. Euer Einsatz hier vor Ort verbessert auf den Philippinen ganz konkret die Lebensqualität und Bildungschancen. Das begeistert uns. Deshalb soll ich euch auch ganz herzlich von Klaus Behrend und Joe Bauch grüßen. Herzlichen Dank, dass ihr das so toll unterstützt.“ 

Guten Dingen Lautstärke geben

Und auch Gromoka-Sitzungspräsident Moritz Peters hob einmal mehr die gemeinsame gesellschaftliche Verantwortung hervor. „Es ist schön, richtig und wichtig, dass Menschen in vielen tausend Kilometern Entfernung von unserer Freude profitieren.“ Sprach’s und teilte danach ein paar Gedanken zum Thema „Lautstärke und Wahrnehmung“ sowie dem gesellschaftlichen Umgang miteinander. Ihm falle zunehmend auf, so Peters, dass es immer dann besonders laut werde, wenn es etwas zu kritisieren gebe – auch und gerade in den sozialen Netzwerken. Gemeckert werde auch über den Fastelovend – und das sogar jede Menge. Peters: „Ich fände es wirklich schön, wenn wir im persönlichen Gespräch und bei der Kommunikation über das Internet wieder mehr das Positive herausstellen würden. Das würde ich mir für so manches städtische Thema wünschen, das bei uns gerade öffentlich diskutiert wird. Und das fände ich auch bei so manchem Karnevalsthema schön – zum Beispiel, wenn es mal wieder um den Bierpreis oder die Temperatur im Festzelt geht. Ich fände es schön, wenn wir unser Augenmerk und unsere Stimme wieder mehr darauf richten würden, auch mal Gutes miteinander zu teilen – und auch gerade diesen guten Dingen mehr Lautstärke zu geben. In unserer Stadt entstehen so viele tolle Dinge. Das positiv zu vertreten, kann eigentlich nicht allein die Aufgabe der städtischen Pressestelle sein. Und wenn einer sagt, die Mango Veggies oder die Schokolade schmecken mir nicht. Dann entgegnet dem doch: Dir vielleicht nicht, aber anderen. Und es steckt so viel Positives dahinter.“ In Monheim träfe die Bürgerschaft auf Voraussetzungen, wie man sie sich besser eigentlich kaum wünschen könne, so Peters. „Wir erfahren so viel Unterstützung durch die Stadt – auch als Karnevalisten. Ich würde euch daher gern bitten: Wenn demnächst wieder einer meckert, setzt ein Lob dagegen. Gerade das Thema faire Kamelle hat es wirklich verdient.“ 

Im Herbst 2023 wurde die Fairtradestadt Monheim am Rhein beim bundesweiten Wettbewerb „Hauptstadt des Fairen Handels“ mit einem Sonderpreis für ihr besonderes Engagement für faire Kamelle im heimischen Karneval ausgezeichnet. (ts)

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