Wenn Anfang 2020 aus dem Rathaus der Monheim-Pass an alle 44.000 Bürgerinnen und Bürger der Smart City Monheim am Rhein versendet wird, soll dieser neben zahlreichen Start-Funktionen und noch weit mehr Ausbau-Potenzialen auch direkt ein elektronisches Bus- und Bahnticket für die Tarifstufe A1 (Langenfeld/Monheim) enthalten.
Als eine der ersten deutschen Städte plant die Stadt die Einführung des kostenlosen Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). So sieht es eine Verwaltungsvorlage von Bürgermeister Daniel Zimmermann vor, die am 27. Juni zunächst im Haupt- und Finanzausschuss vorberaten und dann am 10. Juli im Rat verabschiedet werden soll. Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr könnte dem Konzept dann nach den Sommerferien zustimmen.
In der Beschlussempfehlung heißt es: „Der Öffentliche Personennahverkehr soll im Tarifgebiet 73 (Langenfeld/Monheim) des VRR für alle Monheimer Einwohnerinnen und Einwohner mit Hauptwohnsitz in der Stadt spätestens ab dem 1. April 2020 kostenfrei nutzbar sein.“ Wer darüber hinaus weiter in die umliegenden Städte fahren will, soll diese Weiterfahrten entweder als Einzelfahrten oder auch im Monats-Abo hinzubuchen können. Damit würden sich beispielsweise die Fahrtkosten nach Düsseldorf, Köln oder Leverkusen in den meisten Fällen etwa halbieren.
Begleitende Smartphone-App in der Entwicklung
Zusätzlich zum Monheim-Pass im Scheckkartenformat wird es auch eine Smartphone-App geben, die die Stadt gerade in Zusammenarbeit mit den Firmen T-Systems und HanseCom entwickelt. Alle Nutzerinnen und Nutzer sollen damit zugleich auch über ein Handyticket zur kostenlosen ÖPNV-Nutzung in Monheim am Rhein und Langenfeld verfügen. Zudem ist auch die An- und Abfahrt zum S-Bahnhof Hellerhof auf Düsseldorfer Stadtgebiet mit eingeschlossen. Eine wichtige Botschaft für Monheims Pendlerinnen und Pendler.
Die dafür notwendigen Vorbereitungsgespräche mit dem zuständigen Verkehrsverbund laufen bereits seit Monaten. Überschlägige Berechnungen lassen einen Erlösausfall für die Verkehrsunternehmen zwischen 2,5 und 3 Millionen Euro als realistisch erscheinen. Für diesen Betrag wird die Stadt aus ihrem Haushalt ab 2020 jährlich die erforderlichen Tickets bei ihrer Tochtergesellschaft der Bahnen der Stadt Monheim (BSM) kaufen.
Monheim am Rhein ist damit die wohl erste deutsche Stadt, die für ihre Bürgerschaft die kostenfreie ÖPNV-Nutzung in voller Konsequenz einführt. Bürgermeister Daniel Zimmermann: „Das ist kein kurzer Testlauf, sondern das Angebot ist, sofern der Stadtrat zustimmt, auf mindestens drei Jahre angelegt. Danach werden wir mit dem Verkehrsverbund neu über die Kosten verhandeln müssen.“
Entlastung fürs Klima und die Straßen
Zimmermann hofft, mit den kostenlosen Bustickets mehr Menschen zur Nutzung des ÖPNV bewegen zu können. Mit der Verabschiedung eines integrierten Klimaschutzkonzeptes durch den Rat hat sich die Stadt Monheim am Rhein bereits 2014 ehrgeizige Klimaziele gesetzt. Seither konnten in zwei der drei darin festgelegten inhaltlichen Handlungsfelder bereits deutliche Erfolge erzielt werden. Das Sanierungsprogramm der LEG im Berliner Viertel führt zu einer bedeutenden Reduktion von Wärmeverbräuchen und die zum 1. Januar 2019 erfolgte Umstellung aller Haushaltskunden auf Ökostrom durch die heimische Energieversorgungstochter MEGA hat eine erhebliche Einsparung von Treibhausgasen erwirkt. Lediglich im Handlungsfeld Verkehr und Mobilität blieb die Stadt bislang noch hinter ihren selbst gesteckten Zielen zurück. „Die verschiedenen Maßnahmen zur Radverkehrsförderung und auch der enorme Ausbau der ÖPNV-Leistung von zuletzt 730.000 Kilometern pro Jahr haben noch nicht zu einer sichtbaren Veränderung des Mobilitätsverhaltens geführt“, heißt es in der Verwaltungsvorlage. Der Anteil aller Wege, die mit dem Fahrrad oder dem Öffentlichen Nahverkehr zurückgelegt werden, stagniere seit Jahren bei zusammengerechnet etwa 20 Prozent, während der Anteil des motorisierten Verkehrs mit 55 Prozent deutlich zu hoch ausfalle.
Um den Anteil des Radverkehrs zu steigern, hat der Stadtrat 2017 die Einführung eines stadtweiten Fahrradverleihsystems beschlossen. Außerdem bereitet die Verwaltung gerade die Fortschreibung des Radverkehrskonzepts vor. „Im Bereich des Öffentlichen Nahverkehrs reicht der bereits umgesetzte Ausbau des Fahrplanangebots jedoch nicht aus“, bekennt Monheims Bürgermeister. „Zwar ist ein attraktives Linienangebot mit kurzen, auf die Fahrpläne der S-Bahn abgestimmten Taktzeiten eine wichtige Voraussetzungen dafür, dass möglichst viele Menschen den Öffentlichen Nahverkehr nutzen. Jedoch spielen auch die Kosten des Nahverkehrs für dessen Attraktivität eine nicht zu unterschätzende Rolle.“ Und eben diese Kostenhürde will die Stadt mit ihrem Angebot nun deutlich niedriger setzen, indem sie zumindest die ersten Kilometer auf Monheimer und Langenfelder Stadtgebiet über den digitalen Monheim-Pass vollständig übernimmt.
Und auch das passt. Denn die Stadt Monheim am Rhein hat sich zum Ziel gesetzt, Vorreiterin im Bereich der Digitalisierung zu sein. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde eine umfängliche Digitalisierungsagenda erstellt. Eines der Kernelemente darin ist die Bereitstellung des Monheim-Passes mit ergänzender App als Kernmodul. Mit ihm wird der Einwohnerschaft ein digitales Medium zur Nutzung verschiedener Serviceangebote der Stadt und ihrer Tochtergesellschaften zur Verfügung gestellt. Er ermöglicht ab 2020 unter anderem auch den Zugang zur Nutzung und Zahlung von städtischen Dienstleistungen. Zu den zukünftigen Diensten gehören daneben unter anderem auch Bike-Sharing, die Nutzung der städtischen Bibliothek und die Einsicht in ein Bürgerkonto, das den Zugriff und die Verwaltung aller für die Bürgerschaft relevanten Informationen zu Steuern, Abgaben sowie gebuchten Kursen und Veranstaltungen der heimischen Bildungs- und Kultureinrichtungen ermöglicht. Zukünftig können zudem alle Einwohnerinnen und Einwohner ebenso wie touristische Gäste städtische Dienstleistungen bequem mithilfe des Monheim-Passes bezahlen.
Für alle Monheimerinnen und Monheimer wurden durch die Stadt Monheim am Rhein bereits insgesamt 45.000 Chipkarten bestellt, die nach derzeitiger Planung im ersten Quartal 2020 versendet werden sollen.
Im Rathaus ist man sich sicher: Die Einführung eines kostenlosen ÖPNV-Tickets wird Auswirkungen auf das Mobilitätsverhalten in der Bürgerschaft haben. Die Verwaltung empfiehlt dem Rat daher, zur Einführung des Angebots eine wissenschaftliche Begleitstudie in Auftrag zu geben und hat zu diesem Zweck bereits erste Gespräche mit einer Hochschule aufgenommen. (ts)