„Unmögliche Portraits“ geben Holocaust-Opfern ein Gesicht

Altstadtkirche zeigt ab Donnerstag, 27. Januar, beeindruckende Malereien von jungen Monheimerinnen und Monheimern – Eröffnung ist um 17 Uhr

OHG-Schülerin Talitha Lim versuchte mit ihrem Portrait dem 1918 in Italien geborenen Pietro di Gregorio ein Gesicht zu geben, der am 6. Oktober 1944 fern seiner Heimat bei einem Bombenangriff auf Monheim getötet wurde. Sein Stolperstein liegt an der Rheinpromenade / Krischerstraße 100, wo di Gregorio bei den Rhenania-Ossag-Mineralölwerken zur Zwangsarbeit verpflichtet war.

Das Portrait mit dem Titel „Olga Podmariowa“, gemalt von Schülerin Ariana Osmani. Olga Podmariowa (Jahrgang 1914) wurde aus der Ukraine nach Monheim verschleppt und seit 1943 zur Zwangsarbeit eingesetzt, zuletzt auf dem Bauernhof von Peter Hofer in Baumberg. Am 4. Oktober 1944 nahm sie sich das das Leben. Ihr Stolperstein ist an der Schallenstraße 34 vor dem früheren Hof verlegt.

Schülerin Katharina T. nannte ihr Portrait „Helene Wagner (geb. Herz)“. Helene Wagner (Jahrgang 1885) wurde im September 1934 zur Aufgabe ihres Manufakturwarengeschäfts in Monheim gezwungen. Vom 19. Januar bis zum 9. Februar 1943 saß sie im Frauengefängnis Düsseldorf in sogenannter Schutzhaft. Ein zweites Mal war sie vom 25. September 1944 bis zu ihrer Befreiung am 8. Mai 1945 in Berlin inhaftiert. Ihr Stolperstein soll dieses Jahr an der Frohnstraße 26 verlegt werden.

Aurelia Olczewski widmete OHG-Schülerin Evelyn Kasprzyk ihr Motiv. Aurelia Olczewskí (Jahrgang 1925) stammte aus Polen und war seit 1940 zur Zwangsarbeit bei Wilhelm Herriger auf dem Klarenhof eingesetzt. Sie erlebte im April 1945 die Befreiung. Ihr Stolperstein liegt an der Bleer Straße 41.

Susanne Prerwoch gab Ihrem eindrucksvollen Bild dieser jungen Frau keinen Titel.

Anlässlich des internationalen Holocaust-Gedenktags gibt es ab Donnerstag, 27. Januar, in der Altstadtkirche eine Ausstellung mit 20 faszinierenden Portraits zu sehen, die von jungen Monheimerinnen und Monheimern erstellt wurden. Eröffnet wird sie um 17 Uhr mit einleitenden Worten von Bürgermeister Daniel Zimmermann. Die Malereien bleiben bis Sonntag in der Kirche hängen.

Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat den 27. Januar – den Jahrestag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau zum Internationalen Holocaust-Gedenktag erklärt. An diesem jährlichen Gedenktag fordern die Vereinten Nationen alle Mitgliedsstaaten auf, die sechs Millionen jüdischen Opfer des Holocausts und Millionen anderer Opfer des Nationalsozialismus zu ehren und an sie zu erinnern.

Verantwortung, die wir alle tragen

„Wesentlicher Teil des Gedenkens ist dabei die Vergewisserung der Verantwortung, die wir alle tragen, um an die Wirklichkeit des Holocaust in all seinem Schrecken zu erinnern und die Wahrheit zu verteidigen – heute mehr denn je“, betont Monheims Stadthistoriker Alexander Berner. In Monheim am Rhein haben sich in den letzten Wochen Schülerinnen und Schüler des Otto-Hahn-Gymnasiums in Zusammenarbeit mit der städtischen Kunstschule dieser Verantwortung gestellt.

Gegen das das Ausgelöschtsein

Als künstlerische Form der Auseinandersetzung wählten sie die Portraitmalerei. Die jungen Kunstschaffenden malten Jüdinnen und Juden aus ihrer Stadt, die Opfer der Vernichtungsmaschinerie wurden. Die besondere Herausforderung dabei: Es existieren keine Vorlagen. Doch wie kann es gelingen, eine Person darzustellen, von der es gar keine Abbildungen und kaum Lebensdaten gibt? Was kann solch ein „unmögliches“ Portrait leisten? Und wie funktioniert Erinnern und Gedenken an eine Person, von der es keine erhaltenen fotografischen Abbildungen gibt, deren Gesicht damit nahezu ausgelöscht erscheint?

Unterstützung bei diesen Fragen und der künstlerischen Umsetzung bekamen die Schülerinnen und Schüler von OHG-Kunstlehrerin Anna Brockmann und der Künstlerin Jin-Sook Chun. Dabei wurde gemeinsam experimentell erforscht, wie sich Auslöschen und Ausgelöschtwerden bildnerisch darstellen lassen. Die Ergebnisse sind sehenswert.

Mehr Informationen gibt in der Rubrik [intern]Erinnern und Gedenken. (ts)

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